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Der reisende Eisbär. Tim Schneck verfolgt sein Team quer durch Deutschland und Europa.

© Ron Ulrich

Eisbären-Fans: Leben mit und für die Eisbären

50 Saisonspiele hat er gesehen – Tim Schneck steht für die Fankultur des Klubs. Die Frage, ob er bei allen Play-off-Spielen vor Ort war, ist überflüssig. Das wäre so, als würde man den Papst fragen, ob er wirklich katholisch sei.

Sven Felski schaute nicht schlecht, als ihm zwei Fans bei einem Vorbereitungsspiel in Finnland vor der Saison Badelatschen überreichten. Jene Fans hießen Tim Schneck und Stefan „Spencer“ Theile. Über gute Kontakte zu einem Reisebüro waren sie im Hotel „Hilton“ untergekommen, Felski musste mit dem Team in einer echten Baracke kampieren. „Also klauten wir die Badelatschen aus dem Hotel und überreichten sie Felle mit den Worten: Hier, da hast du auch ein Paar Hiltilettis“, sagt Schneck.

Das ist nur die erste von vielen Anekdoten aus dem Fanleben von Tim Schneck, 42 Jahre alt. Seit 1992 ist er Anhänger der Eisbären, und er steht symptomatisch für die vielen Fans der Berliner, die ihrem Team in dieser Saison nach Ingolstadt, Straubing, Iserlohn und sonst wohin folgten und so ihren Teil zur Meisterschaft leisteten. Die Frage an Tim Schneck, ob er bei allen Play-off-Spielen vor Ort war, ist überflüssig. Das wäre so, als würde man den Papst fragen, ob er wirklich katholisch sei. Bei 50 Spielen von insgesamt 64 Saisonspielen war Schneck dabei; eine Bilanz, die selbst nur wenige Spieler aufweisen können. Tim Schneck sagt lächelnd: „Wir bestreiten ja gar nicht, dass wir Freaks sind.“

Der Eventmanager und DJ arbeitete durch seine Konzertagentur mit internationalen Rockstars wie The Killers oder Franz Ferdinand zusammen, seine persönlichen Stars blieben aber immer die Eisbären. Er folgte ihnen zusammen mit seinem Freund und Arbeitskollegen Stefan Theile quer durch Deutschland, nach Schweden, der Schweiz, Finnland, flog wegen Eishockeyspielen nach Peking, Sapporo oder Tokio. „In Sapporo verloren wir unsere Koffer, im Winter bei Minusgraden“, erzählt Schneck. „In den japanischen Geschäften gab es nur Kleidung in den Größen ,S’, also zogen wir einfach mehrere von diesen kleinen Pullis übereinander. Wir sahen unglaublich aus.“

Es sprudelt aus Schneck heraus, und die skurrilen Fangeschichten scheinen mehr Episoden herzugeben als die „Lindenstraße“. Bei den Meisterfeierlichkeiten 2008 schlich er sich nicht nur in die Kabine, sondern auch aufs offizielle Siegerfoto. Für die Vertragsverlängerung des ehemaligen Spielers Rob Cowie gründeten er und seine Freunde seinerzeit das „Kommando Rob Cowie“. Abstruse Aktionen folgten: In Mönchskostümen verkleidet, zeigten sie während eines Spiels ein Spruchband mit der Aufschrift: „Geht Cowie, gehen wir ins Kloster.“

Das war noch im Wellblechpalast, „in dieser familiären Atmosphäre, diesem Biotop“, wie Schneck es ausdrückt, in den er nur durch Zufall geriet. Es gibt viele Männer, die sich vor einem Sonntagsessen mit den Eltern der Freundin gedrückt haben, doch wohl bei wenigen war das so folgenreich wie bei Schneck. 1992 wohnte seine damalige Freundin in Hohenschönhausen und er ging zum Zeitvertreib zu einem Spiel in den Wellblechpalast. Das war in einer Phase, als der Verein klamm war und ums Überleben kämpfte. „Das hat uns geprägt und eine gewisse Demut vor dem Erfolg beigebracht.“ Vielleicht liegt hierin eine Erklärung, warum die Anhänger der Eisbären in dieser Saison auch bei Niederlagenserien eine große Geduld mit ihrem Team hatten.

„Die Unterstützung über die ganze Saison war großartig“, sagt auch Eisbären-Kapitän Stefan Ustorf. Die Fans der Eisbären sind leidensfähig, kreativ – und sie wissen, wie man feiert, speziell Meisterschaften. Beim Titelgewinn 2005 lösten Schneck und zwei andere eine Wette ein und rannten durchs Brandenburger Tor – bekleidet mit nichts anderem als einem Eisbären-Schal.

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