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Jetzt kommt auch noch Pech dazu. Denis Pederson verletzte sich gegen Krefeld am Knie und wird wohl in Hamburg ausfallen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Eisbären in der Krise: Klub ohne Visionäre

Es fehlt an Ideen und an Visionen - die Eisbären verwalten immer mehr ihren sportlichen Stillstand.

Es war an der Zeit, einen längeren Monolog zu halten, fand Don Jackson. Dann legte der Trainer der Eisbären los. Alle im Eishockey möglichen Ungerechtigkeiten schienen sich am Dienstag mit der Niederlage gegen die Krefeld Pinguine über den Eisbären zusammengebraut zu haben. Jackson sagte: „Ich bin frustriert.“ Frustriert wegen schwacher Schiedsrichterleitungen und vieler „Schwalben“ gegnerischer Teams. Das sei „eine Beleidigung“ der gesamten Sportart, schimpfte Jackson. Und die vom Trainer zuletzt oft gehörte Leier, mit den jungen Spielern, die mehr Verantwortung übernehmen müssen, gab es auch noch.

Es war verzeihbar, dass Jackson ins Sinnfreie abdriftete – weil der erfahrene Amerikaner auch Substanzielles und Selbstkritsches zu sagen hatte. „Wir sind auf keinem guten Weg“, sagte Jackson. „Wir müssen in die Vergangenheit schauen und analysieren, was uns so erfolgreich gemacht hat.“ Da habe es „Anstrengungen“, „Emotion“ und „gute Stimmung“ bei seinen Spielern gegeben, da habe er ein anderes Team betreut – auch wenn die Spieler fast durchweg dieselben sind. „Aber Mannschaften verändern sich mit der Zeit.“

Von Erfolg und Stimmung vergangener Jahre sind die Eisbären weit entfernt. „Es macht zurzeit keinen Spaß“, sagt Verteidiger Frank Hördler. Das 2:3 nach Penaltyschießen gegen Krefeld war das dritte verlorene Punktspiel in Folge. Dass die Berliner nach 29 Spielen auf Platz vier der Tabelle der Deutschen Eishockey-Liga liegen, täuscht über ihre Situation hinweg. Gemessen an den Ansprüchen, die ein Klub, der in sechs Jahren vier Mal Meister wurde, haben muss, ist die Entwicklung ungünstig. Es mangelt den Eisbären an zwei wichtigen Ingredienzen, die ein Spitzenklub haben muss, wenn er Spitzenklub bleiben will: An Ideen und an Visionen.

Visionen hatten die Vorgänger von Jackson. Ob es nun Aufbauarbeit beim eigenen Nachwuchs war oder die Werbung um neue Kundschaft, die für den Umzug in die Berliner Großarena nötig war. Der ehemalige Trainer Pierre Pagé hat mit Manager Peter John Lee einst das Fundament gebaut, das nun bröckelt. Niemand weiß genau, wo Jackson mit der Mannschaft perspektivisch hin will. Statt junge Spieler zu fördern, holen die Berliner lieber verdiente Nordamerikaner im Eishockeyrentenalter wie Denis Pederson und Steve Walker aus der Inaktivität zurück oder lassen Stürmer Sven Felski bei Personalmangel Verteidiger spielen.

Das Erstaunliche an der Misere ist, dass die Eisbären es noch nicht schaffen, ihre Fans zu vergraulen. Auch gegen Krefeld kamen wieder fast 14 000 Zuschauer in die Arena. Moritz Hillebrand, lange Jahre Sprecher der Eisbären und nun einflussreicher Mitarbeiter beim Klub-Eigner Anschutz, glaubt den Grund zu wissen: Krise, meinetwegen ja, sagt er. „Aber die Eisbären sind ein sympathischer Klub.“ Deshalb würden die Zuschauer kommen. Die Eisbären, ein absteigender FC Bayern München des Eishockeys mit St.-Pauli-Bonus? Beim Hamburger Fußballklub stört es kaum einen Fan, wenn es sportlich mal nach unten geht. Für die Eisbären könnte letzteres reinigende Wirkung haben: Eine Krisensaison zwingt zum Nachdenken über neue Konzepte. Nachdem Pagé im Jahr 2007 mit den Eisbären schon in den Pre-Play-offs gescheitert war, gab es mit Nachfolger Jackson zwei Meistertitel in Folge.

Einen dritten Titel unter Jackson? So weit kann der Trainer momentan nicht denken. Kurzfristig geht es mit Punktspiel Nummer 30 weiter, am Sonntag in Hamburg, Etappenziel Auswärtssieg. Der würde den Trainer vorübergehend vom Erklärungsnotstand befreien.

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