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Eisbären: Kuschelkurs in Augsburg

Die Eisbären spielen bei ihrer unerwarteten 1:2-Niederlage viel zu zahm und müssen im Play-off-Viertelfinale den 1:1-Ausgleich hinnehmen.

Von Katrin Schulze

Come on. Let’s go! Ob seine Gefolgschaft Don Jackson verstanden hatte? Gerade hatte der Berliner Eishockeytrainer die Profis der Eisbären um sich versammelt, um zwei Minuten vor Spielschluss die letzte Chance für Anweisungen zu nutzen, da setzte der Augsburger Stadionchor im Fortissimo zum besten Stück des Abends an. „Wir sind stolz auf unser Team“, schmetterte er mitten in die von Jackson genommene Auszeit. Jackson hielt lautstark dagegen, aber gegen den Lärm war er ziemlich machtlos. Die Eisbären schossen zwar noch den Anschlusstreffer, doch letztlich unterlagen sie den Augsburger Panthern 1:2 – und mussten im Play-off-Viertelfinale den 1:1-Ausgleich hinnehmen. Gegen eine Mannschaft, die sie in der Hauptrunde um 36 Punkte abgehängt hatten.

Dass die Eisbären die Best-of-five-Serie so spannend gestalten würden, hatte niemand erwartet. Das Problem ist nur: die Eisbären selbst auch nicht. Eine weitere Reise zu den Schwaben stand nicht auf dem Plan. So weit die Theorie. Die Praxis sieht so aus: Das Team von Don Jackson muss nicht nur im heutigen Heimspiel noch einmal gegen die Panther antreten (Beginn 17.30 Uhr), sondern am Montag erneut nach Augsburg reisen. Warum eigentlich? „Wir sind zu zahm“, sagte Hartmut Nickel. „Was wir gezeigt haben, war kein Play-off-Eishockey.“ Das vom Berliner Kotrainer bemängelte Zweikampfverhalten ist die eine Sache. Schwerer wiegt allerdings der fehlende Esprit im Offensivverhalten.

Hatten die Eisbären in der Hauptrunde vor allem mit ihrem zuweilen künstlerisch anmutenden Spiel nach vorne geglänzt, so leiden sie in der Endrunde bisher insbesondere unter ihrer Abschlussschwäche. „Wenn wir nur ein Tor machen, ist das für uns zu wenig“, analysierte Nickel. „In der Hauptrunde sind die Dinger reingegangen. Und jetzt – da passiert gar nichts.“ Jetzt, da es darauf ankommt, stellen sich die Berliner selbst im Überzahlspiel, ihrer eigentlich stärksten Waffe, für ihre Verhältnisse ziemlich tapsig an – zu durchschaubar die Ideen, zu unpräzise die Pässe. Offensichtlich ist ihnen die Lockerheit der Punkterunde ein wenig abhanden gekommen – durch den Druck der Play-offs ist die Unbekümmertheit verschwunden.

„Wir müssen anfangen zu spielen und aufhören zu denken“, sagte Angreifer Jeff Friesen. „Es geht darum, den Spaß am Spiel zurück zu gewinnen.“ Friesen selbst konnte sich gegen Augsburg im Schlussdrittel nicht mehr um die Spielfreude kümmern, weil der Trainer seinen Stümerstar, der immerhin die Erfahrung von knapp 1000 Spielen in der besten Eishockey-Liga der Welt, der NHL, besitzt, zum Zuschauer degradiert hatte – Friesen fror im halboffenen Stadion auf der Auswechselbank. Jacksons Begründung? „Haben Sie ihn gesehen?“, fragte der Berliner Trainer zurück, ohne eine Antwort zu erwarten. „Er hat keinen Schuss aufs Tor abgegeben. Keinen.“

Wieder einmal also war ein Eisbären-Coach im Curt-Frenzel-Stadion mächtig bedient. Vor fünf Jahren war Jacksons Vorgänger Pierre Pagé nach einer 5:6-Niederlage im Viertelfinale an gleicher Stelle ausgerastet – und hatte ausgiebig im Kabinentrakt getobt. Jacksons Art ist das nicht. Nein, er ärgerte sich innerlich, allerdings intensiv, das konnte man leicht erkennen. Mit finsterer, beinahe versteinerter Miene stampfte er am späten Donnerstagabend zum Mannschaftsbus. Aber nicht ohne noch etwas loszuwerden. „Wir müssen jetzt hart arbeiten und unsere Chancenverwertung verbessern“, knurrte Jackson. Ob seine Profis ihn verstanden haben?

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