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© dpa

Eisern Union: Zypern zahlt nicht

Der 1. FC Union hat sich vom dubiosen Sponsor ISP getrennt. Na und! Im deutschen Fußball gab es viel skurrilere Geldgeber – eine Auswahl

1. FC KÖLN

Eine Kurzreise nach Zypern

Präsident Wolfgang Overath und seine neuen Partner posieren bei der offiziellen Präsentation vor griechischen Säulen. Im Sommer 2005 soll Zypern, vertreten durch die Satena-Holding, neuer Hauptsponsor des 1. FC Köln werden. 4,35 Millionen Euro sollen fließen, die Spieler des damaligen Aufsteigers sollen als erster Bundesligist nicht nur einen Firmennamen, sondern gleich ein ganzes Land auf der Brust tragen. Die Kölner verpflichten sich, ihr Wintertrainingslager künftig in Zypern abzuhalten, von einer Kooperation bei der Trainerausbildung und einem Zypern-Reisebüro im Stadion mit Sonderkonditionen für Fans ist die Rede. Dann machen sich Reporter des WDR allerdings die Mühe, einmal in Zypern nachzuforschen – dort hat nie jemand von der Satena-Holding gehört. Ein Büro findet der WDR an der Geschäftsadresse in Nikosia auch nicht vor, nur einen Rechtsanwalt, dem die Firma ebenfalls unbekannt ist. Es stellt sich heraus, dass es keinerlei Verträge zwischen der dubiosen Holding und der zyprischen Tourismusbehörde gibt. Der Verein löst den Vertrag auf und sucht sich einen bodenständigeren Sponsor: eine Kölner Versicherung.

RSV GÖTTINGEN 05

Ein Modell mit Bordell

Für einen Bezirksoberligisten ist es nicht leicht, Sponsoren aufzutreiben. Deswegen begeben sich die Verantwortlichen des RSV Göttingen 05 in diesem Sommer in der Nachbarschaft ihres Trainingsplatzes auf die Suche und finden das „Chateau“, einen Betrieb, der sich selbst als Saunaclub und Nachtbar bezeichnet. Das Bordell sagt zu und steigt als Sponsor ein. Während sich bis auf einige Eltern von Jugendspielern kaum Vereinsmitglieder beschweren, schlägt die Göttinger Ratsfraktion der Linkspartei Alarm. Die Linken fordern, dass der RSV sich wieder vom Chateau trennt und dass Sponsorengelder und Förderungen aus der öffentlichen Hand – wie Gelder der Sparkasse und der Stadt – eingefroren werden. Insbesondere das Flatrate-Angebot des Bordells („12 bis 24 Uhr: 119 Euro, alles inklusive“) sei nicht zu tolerieren. Doch in Göttingen will sich niemand so recht aufregen, auch die Fans des Vereins können keine „sexuelle Ausbeutung der beschäftigten Prostituierten“ feststellen. Das Bordell bleibt Sponsor. Am Gerücht, Spieler der ersten Mannschaft hätten freien Eintritt im Chateau, sei rein gar nichts dran, teilt der RSV auf Anfrage mit. In der Geschäftsstelle ist man vielmehr erfreut darüber, wie viel Aufmerksamkeit der neue Partner bringt: ZDF und Spiegel-TV waren schon da.

FC HOMBURG

Die Moral von MV

Für 200 000 Mark im Jahr erwirbt die „London Rubber Company“ Anfang 1988 das Recht, mit ihrem Logo bis zum Saisonende das Trikot des Bundesligisten FC Homburg zu schmücken. Der Einstieg des Kondomherstellers entrüstet den Deutschen Fußball-Bund. Der Ligaausschuss, dem ein gewisser Gerhard Mayer-Vorfelder vorsteht, spricht von einem Verstoß gegen „Ethik und Moral“. Am 12. März laufen die Homburger erstmals mit dem neuen Trikotsponsor auf, der DFB droht mit Punktabzug. „Was für Punkte wollen die uns eigentlich abziehen?“, fragt Slobodan Cendic, der Trainer des Tabellenletzten. Homburgs Präsident Manfred Ommer freut sich über die Aufregung, die sein Klub erzeugt. Er habe „mit der Dämlichkeit der Funktionäre“ gerechnet, auch die Firma London freut sich über die bundesweite Werbung. Ommer macht sich sogar öffentlich über die Führung des DFB lustig, als er sagt, bedingt durch ihre Altersstruktur hätte sie eben „zu diesem Produkt heute wenig Beziehungen“. Einige Spiele müssen die Homburger mit einem schwarzen Balken auf der Brust bestreiten, ehe das Landgericht Frankfurt am Main urteilt, die Werbung sei juristisch nicht zu beanstanden – der Ligaausschuss habe „offensichtlich willkürlich“ gehandelt.

TENNIS BORUSSIA BERLIN

Nach jeder Pleite kommt eine Krise

Mitte der Neunzigerjahre geht der Schlagerproduzent, Mäzen und Präsident mit Namen Jack White, der Klub hat acht Millionen Mark Schulden. Es erscheint der Finanzdienstleister Göttinger Gruppe, der den Klub aus der Regionalliga in den Europacup hieven will. Mindestens. Und nicht aus Fußballverrücktheit. Sondern um aus TeBe eine Tochterfirma zu machen und Geld zu verdienen. Es wird reichlich investiert und der Klub zum neureichen Feindbild. Nach dem Zweitligaaufstieg scheitert Trainer Winfried Schäfer aber mit dem damals teuersten Zweitligakader aller Zeiten. Und die Göttinger Gruppe wird insolvent. Zurück bleiben 250 000 von der Firma geschädigte Anleger und weitaus weniger enttäuschte Fans. 2007 ist TeBe in der Oberliga, als der neue Sponsor Treasure AG einsteigt. Wer das ist, weiß niemand, irgendetwas mit Consulting oder so, heißt es. TeBe bekommt 500 000 Euro jährlich, bis vor ein paar Monaten der einzige Repräsentant der Firma, der zu dem Zeitpunkt auch im TeBe-Aufsichtsrat sitzt, wegen Kindesmissbrauchs zu drei Jahren Haft verurteilt wird.

EINTRACHT BRAUNSCHWEIG

Das erste röhrende Trikot

Als sich das Fernsehen vor gut 35 Jahren einmal weigert, ein Länderspiel zwischen Deutschland und England aus dem Wembleystadion zu übertragen, weil es dort zu viel Werbung gebe, mietet Günter Mast alle Banden und lässt sie einfach weiß. So ist der Effekt noch größer, als wenn Jägermeister draufstünde. Schließlich weiß jeder, dass dahinter der Mann steckt, der mit Eintracht Braunschweig die Trikotwerbung in Deutschland durchgesetzt hat – obwohl der Deutsche Fußball-Bund der heute unvorstellbaren Meinung ist, dass die Wirtschaft im Sport nichts zu suchen habe. Mast macht einfach das Firmenlogo mit dem Hirschen zum Vereinswappen. Dürfte sie, würde sich die Eintracht auch in „Jägermeister Braunschweig“ umbenennen. Der Preis für die erste Saison: 300 000 Mark. Später wird Mast auch Präsident des Klubs, dessen Sponsor er von 1972 bis 1985 ist. Im Stadion ist er aber in all den Jahren nur zweimal, Fußball hat ihn „eigentlich nie besonders interessiert“. Dafür hält sich heute für einen coolen Typen, wer mit einem Retro-Hirsch-Shirt (Originale sind richtig teuer) in die Fußballkneipe in Prenzlauer Berg geht.

WERDER BREMEN

Kein Glück im Spiel

Ein Streit ist immer gute Werbung, selbst wenn seine Details komplex sind. Gemeinsam mit Gazprom (Schalke) und T-Com (FC Bayern) ist bwin der bekannteste Trikotsponsor der Bundesliga in der Saison 2006/07 – wegen der vielen Nennungen in den Berichten über das staatliche Glücksspielmonopol und die Werbeverbote für Internet-Sportwetten in Deutschland, die aber jedes Bundesland anders definiert. So ist im Raum Köln Werbung mit „bwin.de“ untersagt, mit „bwin.com“ aber erlaubt. Werder Bremen geht mit der österreichischen Firma, die sechs Millionen Euro jährlich zahlt, durch alle Instanzen und läuft schließlich mit der sehr originellen Abwandlung „We win“ auf der Brust auf. Doch das ist nicht nur wegen der oft nicht eingelösten Ankündigung keine Dauerlösung. In Frankreich werden sogar zwei Vorstände des Sponsors bei der Präsentation eines Vertrages mit AS Monaco verhaftet. So findet der Sponsor in Spanien einen anderen, dort legalen Werbepartner: Seit 2007 steht sein Name auf den Trikots, dem Stadion und dem Trainingszentrum von Real Madrid.

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