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Sport: Eishockey für die Seele

Die Slowakei ist Favorit bei der WM in Wien

„My chcene gól!“ – „Wir wollen ein Tor.“ Es ist heiß in der Wiener Stadthalle, und das Volk auf den überfüllten Tribünen brüllt. Nach 14 Spielminuten wird der Wunsch der 6000 Slowaken unter den 10 000 Zuschauern erfüllt. Zigmund Palffy trifft: 1:0 gegen Russland. Auf den Videowänden wird der zuschauende Josef „Joschi“ Golonka eingeblendet, das Idol aus Bratislava. Die Fans kreischen. Golonka reckt die Faust in die Höhe, der Jubel nach dem Tor im zweiten Spiel der Slowaken bei der Eishockey-Weltmeisterschaft will nicht abebben.

Als Golonka aktiv war, gab es keinen Staat Slowakei. 134 mal hat er für die Tschechoslowakei gespielt. In den Sechzigerjahren. Erst seit 1993 ist die Slowakei mit ihren 5,5 Millionen Einwohnern und somit auch der Nationalsport Eishockey souverän. Früher durften die Slowaken an den Erfolgen des großen Nachbarn Tschechien nur mitwirken, konnten Titel nicht als ihre ganz eigenen betrachten. Viele Stars verließen einst das Land. Der populärste von ihnen ist bis heute Peter Stastny. Als er 1994 aus den USA nach über 1000 Spielen in der Profiliga NHL in die Heimat kam, begleiteten ihn Fans vom Flughafen Wien mit einem Autokorso bis nach Bratislava.

Stastny half mit, dass die Slowakei erstklassig wurde: Tschechien hatte den Platz der Tschechoslowakei in der WM-A-Gruppe, die Slowakei musste in der C-Gruppe beginnen. Das schmerzte. Doch die Slowaken schafften es – ganz nach oben. 2002 beim WM-Finale von Göteborg besiegten sie Russland 4:3. Seitdem sind die Spieler Helden in der Heimat. Seitdem klinkt sich die Politik ein. Premierminister Mikulas Dzurinda erkor 2004 Peter Stastny zum Spitzenkandidaten der konservativen Partei für die Wahlen zum Parlament der Europäischen Union (EU). Und nach dem Votum seines Volkes für den EU-Beitritt bemühte der Premier eine Eishockeymetapher. „Das war knapp, aber der Puck trudelte über die Linie, das Tor zählt“, sagte Dzurinda. Durch Eishockey wirkt das kleine Land nach außen. Auch bei dieser WM machen sie sich in der Slowakei berechtigte Hoffnung auf den großen internationalen Erfolg: Das Spiel der Slowaken ist technisch brillant und torgefährlich.

„My chcene gól!“ 27 Grad ist es am Montag in der Wiener Stadthalle, die letzten drei Minuten der Partie gegen Russland laufen. 3:2 für die Slowaken: Die Fans freuen sich auf den Sieg. Doch dann, kurz vor Schluss, erzielt Viktor Kozlow das 3:3. Ruhe. Die slowakischen Fans gehen schweigend zu den Ausgängen. Für das kleine Volk haben Siege im Eishockey eine große Bedeutung – über Unentschieden freut sich da keiner.

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