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Niedersachsen obenauf. Nach dem Sommertheater um einen etwaigen Rückzug wollen die Hannover Scorpions nun doch ihren Meistertitel verteidigen.

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Eishockey: Kühl im Chaos

Die Liga hat einen hektischen Sommer hinter sich – und hofft nun auf die Nachwirkung der Eishockey-WM.

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Berlin - Wenn bei den Anhängern der Hannover Scorpions im Sommer das Telefon klingelte, dann konnte schon mal einer ihrer Lieblinge am anderen Ende der Leitung sein. „Thomas Dolak, Hannover Scorpions, guten Tag.“ Der Angreifer des Eishockeyklubs betrieb Kundenakquise. Er quatschte den Fans Dauerkarten für die am Freitag beginnende Saison auf – und machte das zusammen mit seinen Kollegen gar nicht mal schlecht. 1500 Dauerkarten hat die Spieleroffensive dem Klub im August eingebracht; 400 mehr als in der vergangenen Saison. Eine Tragikomödie ist es trotzdem. Denn Dolak ist nicht etwa bei einem unterklassigen Klub beschäftigt, sondern beim Deutschen Meister.

Die Hannoveraner Dauerkarten-Geschichte taugt sehr gut, für eine Zustandsbeschreibung der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Deutschlands höchste Eishockeyklasse hat sich in ihrer Saisonpause marode und chaotisch präsentiert und gleich zwei ihrer Mitglieder aus finanziellen Gründen verloren. In Hessen wird diese Saison kein professionelles Eishockey mehr gespielt: Die Frankfurt Lions sind insolvent, die Kassel Huskies sind nach zähem Prozedere wegen Verstoßes gegen die Richtlinien aus der Liga geflogen. Das sind alles keine schönen Geschichten, findet auch der DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke. Trotziger Optimismus ist bei ihm angesagt. „Wir hoffen, dass die Nationalspieler, die WM-Helden nun stärker öffentlich beachtet werden als zuvor und auf dem Eis den Puck aufgreifen können“, sagt Tripcke.

Puck aufgreifen? Soll heißen, dass der Schwung, den die deutsche Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft im eigenen Lande mit dem hervorragenden vierten Platz aufgenommen hat, genutzt werden soll. Doch die WM-Heldentaten sind schon ein paar Monate her. Seit dem rauschhaften Mai hat sich das Wort Eishockey in Deutschland wieder zum Synonym für Probleme entwickelt. Auch der Bundestrainer hört nicht auf, den Stellenwert der Deutschen in der Liga zu bemängeln. Obwohl zwei Drittel aller DEL-Profis einen deutschen Pass besitzen, fehle es an Klasse. Deutsche Leistungsträger seien die Ausnahme, sagt Uwe Krupp.

Neu ist dieses Phänomen nicht. Und es wird der Liga kaum schaden, die zuletzt immun gegen Krisen und Krisengeschwätz geworden ist. Im Schatten des in Deutschland immer übermächtiger werdenden Fußballs lebt es sich für die Nischensportart Eishockey gut: Die DEL hat seit Jahren mehr Zuschauer als Handball oder Basketball und bespielt die größten geschlossenen Arenen im Lande. Mit dem EHC München ist zudem ein Klub dazugekommen, der dem Image zuträglich ist, wie Tripcke glaubt. „Da ist eine ganz große Euphorie“, sagt er.

Der Standort München soll sich im Sog der Olympiabewerbung für 2018 langfristig zu einer der Topadressen im deutschen Eishockey entwickeln. Momentan ist dieser Status noch den Vertretern aus Mannheim, Berlin und mit Abstrichen Düsseldorf, Köln und Hamburg vorbehalten. Es verwundert kaum, dass laut einer Umfrage unter den Klubtrainern hier auch die Favoriten auf den Meistertitel 2011 beheimatet sind. Dass der Weg zum nationalen Triumph dieses Mal kürzer ist als in der vergangenen Saison – auf 52 Hauptrundenspiele folgen Play-off-Serien im Best-of-five-Modus –, kommt nicht nur den Wettbewerbern entgegen.

Auch der DEL-Geschäftsführer hält die Schrumpfung der Liga auf 14 Teilnehmer für gesund. „Wir sind nun relativ stabil geworden“, sagt Gernot Tripcke. Jedenfalls bis zum nächsten Sommer.

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