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Kein Halten mehr. Hannovers Torschütze Chris Herperger (links) freut sich mit seinen Kollegen. Foto: dpa

© dpa

Eishockey: Zum Titel getobt

Die Hannover Scorpions werden erstmals Deutscher Meister im Eishockey – in einem dramatischen dritten Finalspiel bezwingen sie Augsburg 4:2.

Von Katrin Schulze

Er wirkte ein bisschen unbeholfen, als er plötzlich eine Mütze auf den Kopf gesteckt und einen Schal um den Hals gehängt bekam. Und bei der folgenden Bierdusche verzog er sogar sein Gesicht. Dabei sollte Hans Zach doch reichlich Erfahrung mit derlei Ritualen besitzen. Sieben Mal war er vor dem gestrigen Sonntag in seiner Karriere schon Deutscher Meister geworden – davon dreimal als Cheftrainer. Sein bis Sonntag letzter Titel ist allerdings eine kleine Ewigkeit her: 1993 triumphierte er mit der Düsseldorfer EG. 17 Jahre später führte Deutschlands markantester Eishockeytrainer nun die Hannover Scorpions zur Meisterschaft. Nach einem turbulenten 4:2 (0:0, 2:0, 2:2) gegen die Augsburger Panther holte Hans Zach den großen Silberpott mit 3:0-Siegen in der Play-off-Finalserie erstmals zu den Niedersachsen.

Was Zach im Frühjahr des Jahres 2010 bewerkstelligte, kann man getrost als größten Erfolg seiner Trainerlaufbahn werten. Dem Klub aus Hannover, der in der Vergangenheit nicht viel Aufsehen erregt hatte, lehrte er Endrunden-Mentalität. „Wir hatten den unbedingten Siegeswillen“, sagte Verteidiger Sascha Goc. „Das hatte uns Hans Zach vorgegeben.“ Dementsprechend angriffslustig begannen die Scorpions am Sonntagnachmittag: Von Beginn an erarbeiteten sie sich die besseren Chancen und inspirierten den Großteil der 10 496 Zuschauer in der seit langem mal wieder ausverkauften Arena zu lautstarken Gesängen.

Doch auch die zahlreichen Anhänger aus Augsburg wussten sich meisterlich in Szene zu setzen, auch wenn nicht jeder unter ihnen noch an ein Comeback ihres Teams zu glauben schien: „Meister der Herzen 2010“ stand auf einem Plakat im Fanblock der Panther. Vielleicht haben sich die in der Endrunde bisher so aufmüpfig aufspielenden Augsburger tatsächlich in Eishockey-Deutschland beliebt gemacht, schließlich warfen sie mit Mannheim, den Eisbären Berlin und Wolfsburg alle Favoriten aus dem Wettbewerb. Die Scorpions dankten es auf ihre ganz eigene Art – und erledigten den Rest selbst. Per Sweep, einer Serie ohne Niederlage, kurvten sie zum Titel.

Dabei profitierten sie insbesondere von der Zachschen Spielkultur, die Effektivität mit Disziplin verbindet. Die jüngste Vorstellung davon gab es gestern. Scheiterten die Hannoveraner im ersten Abschnitt noch zweimal knapp, so machte sie es im Mitteldrittel besser. Klaus Kathan fälschte einen Schuss von Sascha Goc erfolgreich ab. Und als Chris Herperger kurze Zeit später das 2:0 nachlegte, fingen die Zuschauer erst richtig an zu toben – den Rest des Spiels verbrachten die meisten von ihnen im Stehen. Zu aufregend war es, was sich da zutrug. Denn Augsburg schaffte es tatsächlich, noch einmal zurückzukommen. Erst traf Thomas James Kemp, danach erzielte Darin Olver den Ausgleich. Sollte sich die Scorpions erstmals seit dem Viertelfinale wieder geschlagen geben?

Von wegen. Stürmer Thomas Dolak schoss die Scorpions schließlich zur Meisterschaft. Und als Tino Boos durch einen Schuss ins leere Tor noch auf 4:2 erhöhte, hallten „Hans Zach, Hans Zach“-Rufe durch die Halle. Hannover würdigte seinen Trainer, dessen vierter Titel als Trainer wohl gleichzeitig sein letzter bleiben wird – er will seine Karriere als Klubcoach beenden. „Ich mache jetzt eine Pause“, sagte ein sichtlich mitgenommener Hans Zach in bierdurchtränkter Kleidung nach dem Sieg. „Es ist unglaublich, was uns hier gelungen ist.“

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