zum Hauptinhalt

Sport: Eiskunstlauf: Künstler wird Held der Arbeit

Neues Jahrtausend, neuer Vlascenko - die wenigen hartgesottenen Trainingskiebitze im Eissportzentrum Oberstdorf staunten. Emsig wie schon lange nicht mehr spulte Andrejs Vlascenko sein Vorbereitungsprogramm auf die Deutschen Eiskunstlauf-Meisterschaften ab, die gestern mit den ersten Darbietungen ohne Entscheidungen begannen.

Neues Jahrtausend, neuer Vlascenko - die wenigen hartgesottenen Trainingskiebitze im Eissportzentrum Oberstdorf staunten. Emsig wie schon lange nicht mehr spulte Andrejs Vlascenko sein Vorbereitungsprogramm auf die Deutschen Eiskunstlauf-Meisterschaften ab, die gestern mit den ersten Darbietungen ohne Entscheidungen begannen. Das, was Vlascenko nicht nur in den zurückliegenden Tagen in Oberstdorf zeigte, lässt den Schluss zu: Im Abendschein seiner Karriere mutiert der fünfmalige nationale Titelträger scheinbar vom verhätschelten Künstler zum Helden der Arbeit. Oder fast jedenfalls.

Ein deprimierender 16. Platz bei den Weltmeisterschaften 2000 in Nizza hatte den gebürtigen Russen, der seit fast sieben Jahren in Deutschland lebt, offenbar aus seiner Lethargiegerissen. Der 26-Jährige trennte sich privat und beruflich von seiner langjährigen Trainerin Anjelika Surupowa und wechselte von Füssen nach München, wo er seit Sommer von Steffi Ruttkies betreut wird. Vlascenko: "Ich musste mich wieder finden, ich denke, dass ich diese Chance genutzt habe."

Die neue Übungsleiterin hat dem überaus begabten Schlittschuhläufer im wahrsten Sinne des Wortes Beine gemacht. "Andrejs läuft fast jeden Tag einen Wettkampfteil komplett durch", beschreibt Ruttkies eine trainingstechnische Selbstverständlichkeit, die für ihren Schützling bislang keine war. Der positive Nebeneffekt dieser für Vlascenko offenbar ungewohnten Forderung: Den neu entwickelten Athletik-Test der Deutschen Eislauf-Union bestand der in Lettland aufgewachsene Vlascenko weitaus problemloser, als es in der Vergangenheit der Fall gewesen wäre. Weil er nicht gerade als besonders trainingseifrig galt. Und die DEU interessanterweise solch einen Test auf athletische Grundlagen oder aktuelle Fitness bis vor kurzem nicht für nötig gehalten hatte.

Und auch am international unabdingbaren vierfachen Sprung ist der in Weimar als Sohn eines Offiziers der Sowjetarmee geborene Blondschopf näher dran als je zuvor, nachdem jahrelang nur davon geredet wurde. Vlascenko: "Wir arbeiten am vierfachen Salchow und am vierfachen Toe-Loop. Ich brauche unbedingt einen vierfachen Sprung, deshalb werde ich ihn in dieer Saison auf jeden Fall springen."

Um sich seinen nationalen Titel von Vorjahresmeister Stefan Lindemann aus Erfurt zurückzuholen, wird er eine vierfache Rotation allerdings nicht benötigen. Der Junioren-Weltmeister aus Erfurt sagte seinen Meisterschaftsstart wegen einer noch nicht ausgeheilten Sprunggelenkverletzung ab. Die restliche Konkurrenz muss Vlascenko im Normalfall nicht fürchten: "Das Training mit Frau Ruttkies hat mir viel gebracht, vor allem Selbstbewusstsein." Chancen auf Ränge hinter Vlascenko haben auch die Berliner Andre Kaden, Michael Lubojanski und David Jäschke.

So oder so werden im vorolympischen Winter die Weichen für die restliche Karriere Vlascenkos gestellt. Es geht bei EM und WM um Startplätze für Olympia 2002 in Salt Lake City und um einen deutschen Pass, ohne den ein Olympiastart nicht möglich ist. Die zuständigen Behörden in Baden-Württemberg hatten dem seinerzeit in Stuttgart lebenden Kufenkünstler mit Hinweis auf zwei Alkoholdelikte im Straßenverkehr eine Einbürgerung verweigert, nun läuft in Bayern ein neuer Antrag. Vlascenko hatte seine lettische Staatsbürgerchaft aufgegeben und gilt derzeit als staatenlos.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false