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Eiskunstlaufen

© dpa

Eiskunstlauf: Pirouetten für ein paar Liebhaber

Die ARD-Gala erreichte nicht die geforderte Mindestquote. Die Zukunft des Eiskunstlaufens im Fernsehen ist damit völlig ungewiss.

Berlin - Die Schweinwerfer-Kegel leuchteten die fließenden, eleganten Bewegungen aus. Die Schritte, die Sprünge, die Pirouetten, alles vermischte sich mit der Musik zu einem mitreißendem Auftritt. Die Zuschauer in der Dresdener Eishalle applaudierten begeistert, als Robin Szolkowy und Aljona Sawtschenko in ihrem Schlussbild verharrten. Die ARD-Eiskunstlauf-Gala hatte ihren Höhepunkt. Niemand in der Halle lief so anmutig und spektakulär wie die Paarlauf-Weltmeister aus Chemnitz. Sie konnten ohne Druck laufen, es gab keine Preisrichter, keine Punkte, die Gala war eine Show. Die ARD zeichnete die Veranstaltung am 23. Dezember auf, ausgestrahlt wurde sie am Samstag zur besten Sendezeit.

Die einzigen Zahlen zu dieser Show, die Johannes Wehr interessieren, lauten 9,9. Die Gala hatte eine Quote von 9,9 Prozent Marktanteil. So, und was bedeutet das jetzt? Das kann Wehr, Finanzberater der Deutschen Eislauf-Union (DEU), auch noch nicht sagen. Es geht um die Zukunft der Gala im Fernsehen, es geht um die Zukunft des Eiskunstlaufs im Fernsehen insgesamt, so viel ist klar.

Aber was 9,9 Prozent bedeuten, das ist nicht klar. „Wir müssen über zehn Prozent kommen, das ist die Voraussetzung, dass die Gala weiter in der ARD übertragen wird“, hatte Wehr bei der deutschen Meisterschaft in Oberstdorf gesagt, drei Tage vor der Gala. Wehr war bis Ende August Schatzmeister der DEU, aber er hatte als „IM Harro“ für die Stasi gespitzelt, er war nicht länger im Vorstand tragbar. Doch auf seinen Sachverstand wollte niemand bei der DEU verzichten.

Sind 9,9 Prozent genug? Reicht das ARD? Die Antwort steht noch aus. Aber die DEU braucht diese Gala wie ein Fisch das Wasser. Die ARD finanziert zu einem erheblichen Teil diese Show, die klamme DEU könnte die Kosten allein gar nicht aufbringen. Mit 30 000 bis 40 000 Euro Gewinn aus der Gala rechnete Wehr in Oberstdorf, und dieses Geld braucht die DEU auch. Davon bezahlt sie Telefon, Porto und anderes in der Geschäftsstelle.

Die ganze mediale Präsenz des deutschen Eiskunstlaufs dreht sich um diese Show und ihrer Zukunft. Es ist die einzige Eiskunstlauf-Veranstaltung, welche die ARD in dieser Saison ausstrahlt. Sie zeigt zwar im März auch Bilder der WM in Los Angeles, doch die laufen ganz sicher nicht zur besten Sendezeit. Einen Fernsehvertrag hat die DEU mit der ARD nicht mehr, von Oberstdorf gab’s nur im Morgenmagazin Beiträge.

Die Gala war Teil des ARD-Sportnachmittags, eingebettet in Tour de Ski und Nordische Kombination. Resultat: Die Tour de Ski der Herren hatte 16,1 Prozent Quote, die Nordische Kombination, die direkt vor der Gala lief, sogar 17,1 Prozent. Dann: Eiskunstlauf, 9,9 Prozent. Immerhin 9,9 Prozent, die Gala 2007 hatte nur 8,6 Prozent.

Weshalb funktioniert Nordische Kombination, aber nicht Eiskunstlauf? „Für die Fernsehtauglichkeit von Sportarten sind drei Kriterien ausschlaggebend“, sagt ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Die Regeln müssten verständlich sein, die Wettbewerbe müssten genügend Dramatik besitzen. Und: „Nationale Helden müssen besonders die deutschen Fernsehzuschauer ansprechen. Damit sind Sportler gemeint, die international erfolgreich sind und die sympathisch und charismatisch ihre Sportart vertreten.“

Szolkowy und Sawtschenko mit ihrem Trainer Ingo Steuer fallen als Sympathieträger eher aus. Wer im endlosen Rechtsstreit mit seinem Verband liegt, der läuft sich nicht in die Herzen der Massen. „Der zurückhaltende Erfolg dieser Sportart im Fernsehen liegt meines Erachtens daran, dass es schon seit längerem keine deutschen Eiskunstläufer- und läuferinnen gab, denen es gelungen ist, das Fernsehpublikum zu begeistern“, sagt Balkausky auch noch.

Für die DEU ist das fatal. Da hat sie nun Weltmeister, aber die begeistern nicht und haben gleichzeitig Anspruch auf Sponsoreneinnahmen von 250 000 Euro. Die DEU hat sich verpflichtet, das Geld bis Ende der Saison 2009/2010 zu vermitteln. Sonst droht die Insolvenz.

Es passt ins Bild: Der Verband hangelt sich von Krise zu Krise. 60 000 Euro musste die DEU vor kurzem nachträglich ans Finanzamt überweisen, weil frühere Bilanzen nicht korrekt waren. Und weitere Nachzahlungen drohen, noch sind nicht alle früheren Bilanzen überprüft.

Auch Sportkoordinator Balkausky hebt nicht unbedingt die Stimmung bei der DEU. „Derzeit planen wir keinen neuen umfangreichen Fernsehvertrag mit der DEU“, sagt er. Den Verantwortlichen des Verbands würde es derzeit wohl schon genügen, wenn wenigstens die Gala im Programm bleiben würde.

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