zum Hauptinhalt
Jan van Veen soll die deutschen Eisschnellläufer wieder in die Spur bringen.

© imago/Ernst Wukits

Eisschnelllauf: Jan van Veen: Entwicklungshelfer auf dem Eis

Jan van Veen soll die deutschen Eisschnellläufer schneller machen – auch beim Weltcup in Berlin. Doch die Aufgabe für den Niederländer ist knifflig.

Jan van Veen versprüht einen rauen Charme. Drei-Tage-Bart, dann dieser rustikale niederländische Akzent. Würde der Mann in besten Jahren behaupten, dass er ab Freitag in der Eisschnelllaufhalle im Sportforum Hohenschönhausen Bitterballen oder Frietjes feilbietet, es würde ihm jeder glauben. Doch van Veen ist nicht in Berlin, um Kroketten und Pommes Frites anzubieten. Der Mann hat eine weit kompliziertere Mission: Er soll das deutsche Eisschnelllaufen nach oben bringen. Van Veen sagt: „Es hat lange gedauert, um ganz nach unten zu fallen. Nun dauert es eine Weile, um wieder nach oben zu kommen.“

Damit hat der Bundestrainer eigentlich schon alles gesagt, was wichtig sein muss. Er kommt aus der Eisschnelllaufnation, die den deutschen Athleten seit Jahren davonläuft und van Veen soll nun den Abstand verringern. Ein gutes Jahr ist er nun schon dabei, ein gutes Jahr hat er noch und dann geht es bei den Olympischen Spielen im südkoreanischen Pyeongchang um die Erfolge, mit denen die Nischensportart eine große Öffentlichkeit erreichen kann. Über Medaillen will van Veen aber jetzt noch nicht sprechen, er macht nicht mal konkrete Erfolgsvorgaben für die bevorstehende Einzelstrecken-WM auf der Olympiabahn in Gangneung vom 9. bis 12. Februar. Für die Sprinter folgt im Anschluss die Weltmeisterschaft in Calgary am 25. und 26. Februar. Die Serie der Titelkämpfe endet mit der Mehrkampf-WM Anfang März in Norwegen, in Hamar. „Jeder soll an seine Grenzen gehen. Highlight ist Highlight. Wir haben so trainiert, dass alle die beste Leistung abrufen können“, sagt van Veen.

Beim Weltcup in Berlin treten von Freitag (Beginn der A-Gruppen-Läufe 15 Uhr) bis Sonntag 300 Eisschnellläufer aus 28 Nationen an. Mit diesen Zahlen brüsten sich die Berliner Veranstalter – in welcher anderen Wintersportart seien schon so viele Athleten aus so vielen Ländern am Start? Das ist natürlich nur bedingt aussagekräftig, denn die Gewinner kommen ja traditionell immer nur aus ganz wenigen Nationen – vor allem aus van Veens Heimatland. Er ist ein Star der Szene, in der Heimat kennen sie ihn. In den Jahren als Trainer des Nachwuchsteams „Jong Oranje“ und dreier Privatteams hat van Veen Spitzenläufer wie die Team-Olympiasieger Koen Verweij, Jan Blokhuijsen und Lotte van Beek in die Weltspitze geführt. Mittlerweile ist er 47 Jahre alt und kümmert sich um die Entwicklung von erwachsenen Läufern, und dabei um die Verkürzung des Abstandes der deutschen Läufer zu den Niederländern.

"Der Heimvorteil ist da"

13 deutsche Athleten gehen im Sportforum an den Start. „Alte Dame“ sagt Sportdirektor Robert Bartko über die Eishalle in Hohenschönhausen, von den Veranstaltern des Weltcups in Berlin wird sie sogar das „Roland Garros des Eisschnelllaufs“ genannt. Rein optisch hat die betagte, aber rüstige Arena allerdings nichts mit dem Tennistempel von Paris zu tun. Der Langstreckler Moritz Geisreiter spricht von „dieser alten und ein bisserl kühl“ wirkenden Halle. Und Nico Ihle, der Sprinter aus Chemnitz, sagt: „Der Heimvorteil ist da, wir kennen die Bahn auswendig bis zum Kurvenradius.“

Moritz Geisreiter und die ewige Claudia Pechstein wollen in Berlin auf den langen Strecken ihre gute Form nachweisen. Patrick Beckert, Medaillen-Hoffnung der Deutschen bei der WM in Südkorea, sagt: „Für mich ist das die WM-Generalprobe. Dass Weltmeister Sven Kramer nicht dabei ist, spielt keine Rolle. Ich fokussiere mich ganz auf mein Rennen über 5000 Meter.“

Das wäre dann schon was, wenn der Beckert in Berlin vorne läuft und die Pechstein dann ja sowieso. Bundestrainer van Veen findet, in diesem Fall dürfte „man sich freuen, aber nicht zu lange. Wir haben noch nichts gewonnen.“ Abgerechnet wird erst im kommenden Winter bei Olympia.

Abseits von Claudia Pechstein fehlen dem deutschen Eisschnelllauf einfach die Gesichter. Und Pechstein ist ja auch ihr eigenes Thema. Jan van Veen aber könnte ein Gesicht des neuen deutschen Erfolges werden, der Mann aus dem Norden der Niederlande, aus der Provinz Denthe. Mit seinem rauen Charme und dem Faible für rhetorische Kringel. Was läuft denn nun besser in der Heimat beim Eisschnelllaufen als in Deutschland wird Jan van Veen vor dem Weltcup in Berlin gefragt. „Nichts. Die laufen wie alle anderen zweimal links herum.“

Zur Startseite