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Im Internet gefunden. Nachdem ihr Partner Sascha Rabe zusammengebrochen war, suchte sich Tanja Kolbe einen neuen – und tanzt nun mit dem Italiener Stefano Caruso.

© dpa

Eistanz: "Habe private Probleme. Komme nicht"

Als Eistänzerin Tanja Kolbe plötzlich ihr Partner abhanden kam, verlor sie auch ihre Naivität. Die Zukunft fand Tanja Kolbe im Internet.

Am Ende flog ein Blumenstrauß aufs Eis, Sekunden, nachdem Tanja Kolbe mit ausgestreckten Armen über dem Knie von Stefano Caruso lag, den Rücken durchgebogen, das Gesicht zur Decke der Oberstdorfer Eishalle gerichtet. Die Schlusspose ihrer Kür. Es war eine durchaus gelungene, aber es reichte nicht zu Platz zwei. Ganz knapp hinter Stefanie Frohberg und Tim Giesen wurde das Eistanzpaar Kolbe/Caruso Dritter bei der deutschen Meisterschaft. Der Sieg ging an die favorisierten Nelli Schiganschina und Alexander Gazsi. „Ein bisschen enttäuscht sind wir“, sagte Kolbe. Andererseits: Sie läuft erst seit sieben Monaten mit Caruso.

Die Lippen rot geschminkt, das Make- up perfekt, Tanja Kolbe präsentierte sich perfekt in der Rolle der Eistänzerin. Doch hinter der Fassade steht jetzt eine andere Kolbe auf dem Eis als noch vor einem Jahr. „Damals war ich noch eine kleine Träumerin“, sagt die 20-Jährige. „Aber dann hat mich diese Geschichte in die Wirklichkeit gerissen. Sie hat mich erwachsener gemacht.“

Die Geschichte ist der Fall Rabe/Dönsdorf. Der Vorwurf der sexuellen Belästigung. Udo Dönsdorf, Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union, soll den Eistänzer Rabe gegen dessen Willen geküsst haben. Dönsdorf bestreitet das. Tanja Kolbe war Rabes Partnerin. Sie wusste von nichts. Eine SMS riss sie in die Wirklichkeit. Sie hatten Parketttanzstunde, irgendwann im Frühjahr 2010, als Rabe schrieb: „Habe private Probleme. Komme nicht.“ Er kam dann doch, völlig aufgelöst. „Er hat geweint, so habe ich ihn noch nie gesehen“, sagt Kolbe.

Der weinende Rabe, das war für sie der „erste Schock“. Den zweiten spürte sie nach seinen Vorwürfen. Von dieser Sekunde an war die etwas naive Tanja Kolbe vom Berliner TSC Geschichte. Plötzlich fühlte sie sich fast hilflos. Die logisch denkende Tanja Kolbe bewertete die Vorgänge nicht, sie war ja nicht dabei gewesen. Dönsdorf war für sie einfach weiter ihr Sportdirektor. Aber emotional stand sie bei Rabe. Sie wollte ihn stützen, „ich musste für ihn stark sein“, sagt sie. Vor allem nach dessen Selbstmordversuch.

Rabe war nie bloß sportlicher Partner. Sie liefen vier Jahre zusammen, gingen zusammen tanzen, waren Freunde. Und jetzt spürte Tanja Kolbe, dass der andere sie einfach brauchte, sie und den Sport, als „Konstante in seinem Leben“. Aber diese Konstante brauchte sie auch, sie durfte und wollte sich emotional nicht zu sehr mitreißen lassen. Rabe versuchte ebenfalls nach Kräften, sie nicht zu sehr zu belasten. Irgendwie funktionierte das Paar Rabe/Kolbe weiter. „Von außen hat man uns nichts angesehen“, sagt sie. Bis Mannheim. Bis jeder sehen konnte, dass Sascha Rabe zusammenbrach. In Mannheim fanden im Dezember 2009 die deutschen Meisterschaften statt, Rabe/Kolbe liefen einen sehr guten Pflichttanz, doch Minuten danach brach Rabe seinen Wettkampf verstört ab. Er hatte an der Bande Dönsdorf entdeckt. „Ich laufe nicht mehr weiter“, sagte er seiner völlig überraschten Partnerin. Kolbe versuchte noch, ihn umzustimmen, es war zwecklos. Das Paar Kolbe/Rabe war Geschichte. Rabe hatte schon angekündigt, dass er nach der Saison eigene Wege gehen werde, aber dieses abrupte Ende verstörte Kolbe. Sie liefen noch eine Show, das war’s dann.

Die Zukunft fand Tanja Kolbe im Internet. In einer internationalen Börse, in der sich Eiskunstläufer, die Partner suchen, anbieten. So stieß sie auf Stefano Caruso, 23 Jahre alt, aus Rom, wohnhaft in Bergamo. Im Frühjahr trafen sie sich zu zwei Probetrainings, eine Grundharmonie war vorhanden, Kolbe zog nach Bergamo. Sie ließ Freund, Familie, Freunde zurück, aber sie hat den Schritt nicht bereut. „Die Olympischen Spiele 2014 sind unser Ziel“, sagt sie. Drei Monate war sie mit Caruso zum Training in den USA, finanziert von den Eltern. Es hat sie sportlich weitergebracht. Schon im Kurzprogramm hatte Kolbe eine gute Ausstrahlung, eine Steigerung gegenüber der vergangenen Saison.

Am 14. Januar wird das Landgericht Berlin ein Urteil verkünden. Rabe hat Dönsdorf auf Schadensersatz verklagt. Tanja Kolbe wird es aus der Ferne verfolgen, sie ist nicht in Berlin an diesem Tag. Aber sie hat noch genug Nähe zu Rabe, zu dem Fall, dass sie gleich nachfragen wird. „Natürlich werde ich ihm so schnell wie möglich eine Mail schreiben.“

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