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© PNN

Sport: Elegant auch im Schnee

Fatmire Bajramaj prägt das Spiel von Turbine Potsdam

Zitternd und durchgefroren stand Fatmire Bajramaj auf dem verschneiten Rasen des Karl-Liebknecht-Stadions und gab ein Interview. Die Mittelfeldspielerin harrte bei minus 12 Grad aus, als die meisten ihrer Teamkolleginnen von Turbine Potsdam längst Richtung heißer Dusche verschwunden waren. Potsdam hatte das DFB-Pokal-Viertelfinale gegen den 1.FFC Frankfurt 3:0 (1:0) gewonnen, und danach war am Sonnabend alles wie so oft in den vergangenen Monaten: Bajramaj hier, Bajramaj da, alle wollen Bajramaj. Im Sommer wechselte die deutsche Nationalspielerin vom Uefa-Cup-Sieger FCR Duisburg zum Deutschen Meister Potsdam und ist dort der Star in einem Team, in dem es eigentlich gar keinen Star geben soll, weil qua Anordnung von Trainer Bernd Schröder nur die Mannschaft zählt.

Doch Fatmire Bajramaj sticht heraus, und das nicht nur wegen ihrer gelben Fußballschuhe und weil sie mit 21 Jahren gerade ihre Biografie veröffentlicht hat. In „Mein Tor ins Leben“ beschreibt sie ihren Weg vom Flüchtlingskind aus dem Kosovo bis zum WM-Titel mit dem DFB- Team. Im Nationalteam glänzt sie mit ihrer Technik, und auch am Sonnabend fällt sie in Potsdam auf, weil der Ball auch auf Schneeboden macht, was sie will, die Drehung bei der Ballmitnahme so mühelos wirkt, und sie Pässe mit solcher Eleganz und Leichtigkeit spielt. „Ich habe mich mit dem Schnee schwergetan“, sagte Bajramajs zwar. Gesehen hatte es freilich niemand.

Gegen Frankfurt erzielte Fatmire Bajramaj, die von allen nur Lira genannt wird, die Führung, in der Bundesliga traf sie in zwölf Spielen elf Mal. „Sie ist ein unkompliziertes, aber auch sensibles Mädchen, das hochklassigen Fußball spielt. Was wir mit ihr erreicht haben, ist sensationell“, schwärmt Trainer Bernd Schröder. Die Mannschaft ist ungeschlagener Bundesliga-Tabellenführer, steht im Pokal-Halbfinale sowie im Viertelfinale der Champions League.

Und das, obwohl „die Leute uns nur sechs Wochen gegeben haben“, wie sich Schröder erinnert. „Die Leute“ sind all die Kritiker, die geunkt hatten, dass das nie gut gehen werde: hier Bajramaj, die sich betont weiblich gibt, Mode, Make-up und Stöckelschuhe liebt, da Schröder, der als härtester Trainer der Liga gilt. Die Sportsoldatin Bajramaj hatte das Gerede schon vor ihrem Wechsel nicht gestört. Das anspruchsvolle Training sei eine Herausforderung und überhaupt: Den Grundwehrdienst bei der Bundeswehr habe sie schließlich auch überstanden, obwohl es ihr viele nicht zugetraut hatten. Warum sollte Schröder sie dann schrecken?

„Man sieht ja, dass es funktioniert“, sagte sie am Sonnabend trocken. Eine Umstellung war es aber definitiv: „Wir machen viel Athletik, und zweimal tägliches Mannschaftstraining kannte ich auch nicht. Ich bin selber überrascht, dass es so gut läuft.“ Mit ihren Leistungen empfiehlt sie sich für einen Stammplatz in der Nationalmannschaft, wo sie bislang meist von der Bank kommt. Aber auch in dieser Rolle fällt sie auf: Bei der EM im September in Finnland traf sie dreimal in der 90. Minute.

Helen Ruwald[Potsdam]

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