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Musik ist, wenn man’s trotzdem hört: Bastian Schweinsteiger lauscht auf einer Pressekonferenz den Beats. Foto: dpa

© AFP

EM  Nebenschauplatz: Wenn die Stöpsel nicht passen

Im Hanuta-Sammelalbum zur WM 1986 gaben die deutschen Nationalspieler einige private Informationen preis. Briegel etwa aß gern Fleisch, Magath mochte am liebsten Sahnehering, Matthäus Hasenbraten mit Knödeln.

Im Hanuta-Sammelalbum zur WM 1986 gaben die deutschen Nationalspieler einige private Informationen preis. Briegel etwa aß gern Fleisch, Magath mochte am liebsten Sahnehering, Matthäus Hasenbraten mit Knödeln. Dazu hörten sie Lieder von Roland Kaiser, Peter Maffay und Willy Michl, dem bayrisch-indianischen Barden. Das war volksnah. Eine Umfrage in der Fangemeinde hätte Ähnliches zutage gefördert.

Soviel verraten sie heute längst nicht mehr von sich, die Lahms und Schweinis. Es könnte der Öffentlichkeit ja ein falsches Bild bieten oder gar mit Werbeverträgen kollidieren. Man muss da sehr vorsichtig sein. Heute essen sie alle Pasta und Salat, trinken dazu stilles Wasser, mal ein Schörlchen, und Musik hören sie nur noch über monströse Nasa-Kopfhörer, mit denen sie sich vor uns abschotten. Signal nach außen: Was ich mir reinziehe, ist Privatsache.

Man ahnt zwar, dass Kaiser, Maffay, Michl aus der Mode gekommen sein dürften, wüsste aber schon gern mehr über den Musikgeschmack der Stars: Hören sie Heavy Metal, wenn sie vor dem Anstoß, den Rasen prüfend, über den Platz schreiten? Immer noch Xavier Naidoo? Oder den Sampler mit Vogelgezwitscher aus dem Drogeriemarkt?

Das hätten wir wohl nie erfahren, wenn der Mannschaftsbus der Nationalmannschaft über einen Anschluss für MP3-Spieler verfügen würde. Er nimmt aber nur CDs, wie früher, als Mario Götze noch nicht geboren war. Die hat natürlich niemand mehr dabei, zu schwer, zu unhandlich, zu uncool.

Und so saßen sie da im Mannschaftsbus mit ihren Stöpseln, die nicht passten. Jetzt einfach wieder die Nasa-Kopfhörer aufziehen, das ging nicht, Deutschland ist ja eine Turniermannschaft, eine Einheit, da braucht es auch das gemeinsame Hör- und Singerlebnis. An diesem Ritual wenigstens hat sich nichts geändert, seit Sepp Herberger seinen Männern Plattenspieler in die Doppelzimmer stellte.

Schließlich half ein Team des Westdeutschen Rundfunks: Es brannte zwei CDs mit 40 Liedern, auf Wunsch der Spieler mit Superhits von Casper, Coldplay und den Toten Hosen, wie der Sender selbst berichtete. „Das haben wir gern gemacht“, sagte die WDR-Teamleiterin Sabine Töpperwien. „Mit Musik geht halt alles besser.“

Und so wissen wir endlich wieder, was unsere Lieblinge gern hören, und können uns der Vorstellung hingeben, wie in einem durch die Ukraine preschenden Bus „Eisgekühlter Bommerlunder“ aus den Boxen dröhnt. Podolski brüllt: „Lauter!“, Hummels und Badstuber singen Wange an Wange den Refrain, selbst Löw und Flick lassen sich schließlich mitreißen und schunkeln auf der vordersten Sitzbank mit wie einst Maria und Margot Hellwig. Mit Musik geht halt alles besser. Dirk Gieselmann

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