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Der Feind in meinem Trikot. Per Skjelbred (l.) bleibt es erspart, gegen seinen eigenen Trainer anzutreten, wenn es um die Qualifikation für die EM geht. Pal Dardai musste das Amt auf Betreiben Herthas niederlegen.

© Imago/Huebner

EM-Quali: Hertha BSC gegen Hertha BSC: Und Michael Preetz hatte doch Recht

In den Play-offs treffen die Norweger Rune Jarstein und Per Skjelbred auf ein ungarisches Team, das von ihrem Klubtrainer geprägt ist.

Es sieht fast ein bisschen so aus, als hätte Michael Preetz das schlechte Gewissen geplagt. Der Manager von Hertha BSC wollte seinen Trainer zu einem Tagestrip in eine der schönsten Städte Europas einladen, aber Pal Dardai hat dankend abgelehnt. Er wird nicht mit Preetz nach Oslo reisen, um sich dort heute Abend das Play-off-Hinspiel für die Fußball-Europameisterschaft zwischen Norwegen und Ungarn anzuschauen. Mit verletzter Eitelkeit hat das allerdings nichts zu tun, auch wenn Preetz letztlich dafür verantwortlich ist, dass Dardai in Oslo nicht an der Seitenlinie stehen wird. Der eigentliche Grund ist, dass der Ungar in Berlin einen anderen Termin wahrzunehmen hat. Nachmittags um drei bestreiten die Profis des Berliner Bundesligisten auf dem Vereinsgelände ein internes Testspiel gegen eine U-19/U-23-Auswahl. Da muss der Cheftrainer natürlich anwesend sein, schon aus Respekt, wie Dardai sagt. „Meine Mannschaft ist wichtig.“

Ein bisschen ist die ungarische Nationalmannschaft natürlich auch noch seine Mannschaft. Neun Monate lang hat Dardai das Team parallel zu seiner hauptberuflichen Tätigkeit bei Hertha BSC betreut. Und es ist nicht zuletzt sein Verdienst gewesen, dass Ungarn die Chance hat, zum ersten Mal seit 1972 wieder eine EM-Endrunde zu erreichen. „Für jeden von uns sind das die wichtigsten Spiele unserer Karriere“, sagt Ungarns Stürmer Adam Szalai, der beim Bundesligisten TSG Hoffenheim unter Vertrag steht.

Für Dardai wären die Begegnungen mit Norwegen vermutlich ebenfalls der bisherige Höhepunkt seiner noch jungen Trainerlaufbahn gewesen. Er hat jedenfalls nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er an der Historie gerne weiter mitgeschrieben hätte. Was er vorbereitet hat, soll nun Bernd Storck, der frühere Co-Trainer von Jürgen Röber bei Hertha BSC, zu Ende bringen. Storck war durch Vermittlung seines früheren Spielers Dardai als Sportdirektor beim ungarischen Verband gelandet und wurde nach Dardais erzwungenem Abschied zum neuen Nationaltrainer befördert.

Eine besondere Botschaft will Dardai seinem früheren Team vor den beiden Spielen gegen die Norweger nicht zukommen lassen, er habe sich aus der Sache komplett rausgezogen, sagt er. Und erzählt quasi im nächsten Satz, dass er natürlich Kontakt gehabt habe zum neuen Nationaltrainer, zu dessen Stab, zu einigen Spielern wie Gabor Kiraly, mit dem er früher bei Hertha zusammengespielt hatte und der immer noch bei Ungarn im Tor steht. Dardai hat sich lange dagegen gewehrt, den Job in der Heimat aufzugeben. Hertha musste ihn mehr oder weniger zu der Einsicht zwingen, dass es besser wäre, auf die Nebenbeschäftigung zu verzichten. Im Trainingslager vor der Saison gab der Klub eine kurze Pressemitteilung zu dieser Entscheidung heraus; die Möglichkeit, Dardai noch an diesem Tag zu der Angelegenheit zu befragen, hatten die aus Berlin mitgereisten Journalisten nicht – vermutlich aus gutem Grund.

Nachträglich erscheint es als richtig, dass Dardai sich nur auf Hertha konzentriert

So bitter die Entscheidung für Dardai gewesen sein mag, mit Blick auf die Play-offs erfährt sie gewissermaßen eine nachträgliche Rechtfertigung. Wäre Dardai noch Nationaltrainer Ungarns, könnte er jetzt zweien seiner Spieler bei Hertha BSC die Chance auf die EM-Teilnahme im kommenden Sommer verbauen. Im Kader der Norweger stehen die beiden Berliner Rune Jarstein und Per Skjelbred, der sogar Kapitän seines Nationalteams ist. Dardai hatte beiden für den Fall einer Niederlage bei Hannover 96 am vergangenen Wochenende angedroht, dass sie während der gesamten Rückreise nach Berlin im Mannschaftsbus stehen müssten – damit sie für die Play-offs müde sind.

Natürlich war das nur ein Scherz. „Für mich wäre das kein Problem gewesen“, sagt Dardai über die besondere Konstellation. „Vor und nach dem Spiel sind wir Freunde, während des Spiels nicht.“ Er könnte auch damit leben, wenn Jarstein und Skjelbred sich gegen sein früheres Team durchsetzen sollten. „Aber wenn Ungarn weiterkommt, sollen sie auch nicht auf mich sauer sein.“

Pal Dardai wird heute Abend zu Hause vor dem Fernseher sitzen und sich das Hinspiel mit seiner Familie anschauen. Das Rückspiel steht am Sonntag an. „Sonntag habe ich meinen freien Tag“, sagt er. Da kann Dardai machen, was er will. Auch für einen Tag nach Ungarn fliegen.

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