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Sport: Ende des kleinen Friedens

Frank Bachner über die Kritik von Eiskunstlauftrainer Ingo Steuer

Der Deutsche Leichtathletik-Verband schickt ja auch keinen Weitspringer zur Europameisterschaft, der nur 6,80 Meter weit kommt. Also hat Ingo Steuer, der Eiskunstlauftrainer, völlig recht, wenn er fordert, dass Paare, die bei Deutschen Meisterschaften kaum über Bezirkssportniveau liegen, Deutschland nicht noch bei einer EM repräsentieren dürfen. Sonst wird die EM-Nominierung tatsächlich zu einer Farce. Im Kern kann also keiner Ingo Steuer etwas vorwerfen. Außerdem hat er so ähnlich schon einmal vor sechs Jahren losgepoltert. Neu sind seine Ansichten also nicht. Dass er wie am Sonntag aber öffentlich und in Anwesenheit der Betroffenen gegen die nationale Konkurrenz losledert, ist taktlos.

Das Kernproblem am umstrittenen Auftritt des umstrittenen Eiskunstlauftrainers ist das allerdings noch nicht. Denn es geht hier nicht um Sportliches, sondern um strategische Fragen. Und Steuer ist drauf und dran, ein fragiles Projekt wieder einzureißen. Monatelang war er wegen seiner Stasi-Vergangenheit in den Schlagzeilen, er legte sich mit dem eigenen Verband, dem Nationalen Olympischen Komitee und dem Bundesinnenministerium an. In mühsamen Gesprächen ist jetzt eine Art Waffenstillstand zustande gekommen, öffentlich jedenfalls. Ein kleiner Frieden. Bis gestern.

Durch seine harte öffentliche Kritik hat sich Steuer nun wieder selbst in die Schusslinie gebracht. Der Verband, der ihm helfen soll, wird an den Pranger gestellt, Trainer und Sportler sind sauer. So erzeugt Steuer bei seiner Umwelt altgewohnte Abwehrreflexe. Ingo Steuer, der Störenfried – dieses Image wird er auf diese Art nicht los, im Gegenteil. Ob er im Kern recht hat, interessiert dann bald keinen mehr. Wenn er jetzt noch das Bundesinnenministerium angreifen sollte, dann hat es Steuer geschafft. Dann sind alle alten Fronten wieder zementiert.

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