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Sport: Endlose Trostlosigkeit

Borussia Dortmund verliert 1:2 gegen Leverkusen

Anfang der zweiten Hälfte nahmen die Fans von Borussia Dortmund die Sache selbst in die Hand. Wegen Trostlosigkeit in der Endlosschleife schufen sie sich ihre eigene Realität. „Deutscher Meister wird nur der BVB“, sangen sie, „Sieg!“, riefen sie, während die Welle von der Südtribüne aus über die Ränge schwappte. In der wirklichen Wirklichkeit lag der BVB gegen Bayer Leverkusen 0:1 zurück, die Spieler stümperten auf dem Rasen vor sich hin, und hinter der Bank von Trainer Bert van Marwijk hatte sich eine jugendliche Meute versammelt, die nicht so aussah, als würde sie sich mit Drohgebärden gegen den Holländer zufrieden geben. „Die Stimmung ist heute sehr aggressiv“, sagte Borussias Mittelfeldspieler Florian Kringe, der sich als einziger Dortmunder nach der 1:2 (0:1)-Niederlage zu den Fans getraut hatte.

Die Anhänger des BVB galten einmal als die besten der Liga, ach was: der Welt, inzwischen sind sie die schlechtesten. „Wir woll’n euch kämpfen seh’n!“, brüllte die gesamte Südtribüne. Da waren 20 Sekunden gespielt. Und selbst wenn niemand schreit, liegt ein ständiges Grummeln über dem Westfalenstadion: Es ist der Grundton der Unzufriedenheit. Aus dem Nichts kommt dieser Unmut nicht. Der BVB hat in der Vorrunde nur zwei Heimspiele gewonnen, überzeugend gespielt hat er nie.

Aber den Gegnern wird es in Dortmund auch leicht gemacht. Sie müssen nur den Anfang unbeschadet überstehen, dann fängt das Publikum an zu murren. Mannschaft und Fans ziehen sich gegenseitig runter. „Ich bin privat ein Freund von gutem Galgenhumor“, sagte Verteidiger Christoph Metzelder zur Häme der eigenen Fans. „Aber ich weiß nicht, ob es für einen Spieler etwas Schlimmeres gibt, wenn man so angefeuert wird.“

Nach etwas mehr als 20 Minuten hatte Leverkusen genug gewartet. Mit dem ersten Konter erzielte Bayer das 1:0. Paul Freier ließ zunächst Christian Wörns auf dem nassen Rasen ins Leere glitschen und bediente dann Andrej Woronin in der Mitte, der den Ball zur Führung ins Dortmunder Tor schob. „Danach waren wir total verunsichert“, sagte van Marwijk. Bayer hätte zur Pause 3:0 führen müssen, doch Bernd Schneider und Woronin vergaben zwei zwingende Chancen.

Wegen des großen Erfolges wiederholten die Leverkusener nach der Pause ihre Taktik aus der ersten Halbzeit. Mit dem ersten Konter traf der eingewechselte Stefan Kießling zum 2:0. Die Zuschauer flüchteten in Massen aus dem Stadion, verpassten dadurch aber nicht nur den Anschlusstreffer von Martin Amedick fünf Minuten vor dem Ende, sondern auch dessen Pfostenschuss in vorletzter Minute. „Glück haben wir nicht gehabt“, sagte Bert van Marwijk.

Mit dieser Erklärung alleine wird sich die Vereinsführung wohl nicht zufrieden geben. Der Trainer aus Holland gilt durch den angekündigten Abschied zum Saisonende ohnehin schon als angezählt; dass er hinterher sagte, er habe das letzte Spiel der Hinrunde unbedingt gewinnen wollen, deutete zumindest an, für wie gefährdet van Marwijk seine Position inzwischen hält. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke kündigte an, man werde am Dienstag die Hinrunde analysieren und daraus mögliche Schlüsse ziehen. „Er muss mich erst noch einladen“, sagte van Marwijk dazu. „Ich weiß von nichts.“ In Dortmund läuft im Moment eben einiges schief. Auch die interne Kommunikation.

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