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Sport: Endspurt mit Emotionen

Deutschland bezwingt Titelverteidiger Spanien 27:25 und trifft im Halbfinale der Handball-WM auf Frankreich

In den Wurf hatte Alberto Entrerrios noch einmal seine ganze Kraft gelegt. Der Ball flog auch genau in Richtung des linken oberen Torecks. Doch jubeln konnte der Spanier nicht: Mit einem unglaublichen Reflex lenkte Henning Fritz die Lederkugel ins Aus. Die 19 000 Zuschauer in der Kölnarena sprangen auf, und die deutschen Wechselspieler an der Seitenlinie vollführten bereits Freudentänze. Knapp vier Minuten vor Schluss blieb es im WM-Viertelfinalspiel zwischen Deutschland und Weltmeister Spanien beim Zwei-Tore-Vorsprung für die Deutschen. Die Moral der Spieler von Bundestrainer Heiner Brand hatte für den sehr emotional geführten Endspurt die entscheidende Stärkung erhalten. Der Lohn war ein 27:25 (15:12)-Erfolg und damit der Einzug ins WM-Halbfinale. Im Kampf um einen Platz im Endspiel trifft Deutschland am Donnerstag in Köln um 17.30 Uhr wie schon in der Hauptrunde auf Frankreich, das gestern anschließend Olympiasieger Kroatien mit 21:18 bezwang.

Nach dem Schlusspfiff ging es stimmungsvoll in Köln zu, das deutsche Team tanzte auf der Spielfläche, die Zuschauer schrien sich die Kehle aus dem Hals und schließlich endete der Freudentaumel in nicht enden wollenden Gesängen. War das schon ein Vorgeschmack auf das Finale? Sichtlich geschafft, bemühte sich Heiner Brand um eine Einschätzung des außergewöhnlichen Spiels: „Vor kurzen hätte ich nicht gedacht, dass die Mannschaft zu so einer Leistung fähig ist.“ Die Spieler belehrten ihn erneut eines Besseren, auch ohne Kapitän Markus Baur. Mit ihrem kräftezehrenden Kampfstil überrannten sie den Titelverteidiger in der ersten Halbzeit. Beim 6:3 (12. Minute) hatten sie sich erstmals einen kleine Führung erkämpft, die ihnen Sicherheit gab. Beim 13:9 (24.) waren es sogar vier Tore. „In der ersten Halbzeit sind wir sehr schlecht ins Spiel gekommen“, beschrieb der spanische Trainer Juan Carlos Pastor seine Eindrücke, „wir leisteten uns einige technische Fehler. Und dann war ja Fritz in großer Form.“ Seine Spieler hatten enormen Respekt vor dem Kieler. Fritz hat sich in diesem WM-Turnier längst wieder in Weltklasseform gebracht. Den Schlüssel zum Erfolg sah Brand zudem in einer „sehr guten Deckung, aus der heraus bei Kontern viele einfache Tore gelangen“.

Dass sich das Spiel in der zweiten Halbzeit noch zuspitzen würde, war bei dem hochkarätigen Gegner zu erwarten. Heiner Brand hatte schon zuvor gewarnt, dass der 105 Kilo schwere Kreisläufer Rolando Urios nicht in den Griff zu bekommen sein würde. „Wir müssen die Pässe auf ihn unterbinden“, hatte er gefordert. In der ersten Halbzeit hatten vier Treffer von Urios nicht so sehr weh getan, weil Deutschland sehr konzentriert spielte. Doch der gebürtige Kubaner warf noch einmal vier Tore, und wenn er härter gedeckt wurde, gab es Siebenmeter für Spanien – vier insgesamt in der zweiten Halbzeit, die Iker Romero verwandelte. Da Florian Kehrmann und Pascal Hens Chancen nicht nutzten und Torsten Jansen einen Siebenmeter nicht nutzte, stand es in der 51. Minute 23:23. „Bei Florian weiß ich, dass er das im nächsten Spiel wieder gutmacht“, sagte Brand. Sein Team jedenfalls kämpfte unverdrossen als Mannschaft weiter, Spanien versuchte es mit Einzelaktionen. Die Verschworenheit der Mannschaft und die Unterstützung von den Rängen aber waren die Grundlagen für den deutschen Erfolg. Es nutzte den Spaniern auch nichts, dass sie in der Schlussminute den Torhüter gegen einen siebten Feldspieler wechselten. Zwei Tore von Torsten Jansen zum 26:24 und zum Endstand von 27:25 brachten die Entscheidung.

Über die letzten neun Minuten bis zum Schlusspfiff waren die beiden Trainer hinterher unterschiedlicher Meinung. Für Pastor haben „die Schiedsrichter das Spiel gegen Spanien entschieden“. Er bemängelte die unterschiedliche Freiwurfauslegung, die Schiedsrichter pfiffen mehrmals Stürmerfoul gegen die angreifenden Spanier. Brand war in dieser Frage anderer Auffassung: „Das trübt meine Freude überhaupt nicht, ich weiß, dass das falsch ist. Ich bin gerne bereit, den Videobeweis anzutreten, dass es nicht so war.“

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