zum Hauptinhalt
WM-Qualifikation - Kroatien - England

© dpa

England feiert: Urknall am Ende dunkler Zeiten

Nach dem 4:1 in Kroatien wird es den Engländern historisch zumute. Nur Trainer Fabio Capello bleibt gefasst. Und viele Fans ärgern sich über das Bezahlfernsehen.

Von Markus Hesselmann

Wenn die Engländer unterwegs sind, wird es immer schnell historisch. Als sportgeschichtliche Einlage vor dem WM-Qualifikationsspiel in Kroatien zum Beispiel besuchten Fans von der Insel den Küstenort Zupanje, wo englische Arbeiter vor knapp 130 Jahren den Einheimischen einen Lederball geschenkt hatten. Das gute Stück wird in Zupanje als „Kroatiens erster Fußball“ museal in Ehren gehalten. England hat die Welt das Kicken gelehrt und verliert doch dauernd gegen die früheren Schüler. Das war das Klischee bis Mittwochabend, bis zum – historischen – 4:1-Sieg in Zagreb. Gerade die Kroaten hatten sich nämlich zuletzt als besonders gelehrig gezeigt und England in der EM-Qualifikation zweimal geschlagen. Ihr 3:2 in Wembley hatte dann auch das Aus für das Team des damaligen Trainers Steve McClaren bedeutet. Diese Schmach gilt ab sofort als getilgt.

Theo Walcott trifft dreimal

Entsprechend die Reaktionen: Vom „Ende dunkler Zeiten“, schrieb die „Sun“, von einem „Big Bang“, einem Urknall des englischen Fußballs, die „Times“. Der dreimalige Torschütze Theo Walcott habe „die Fußball-Welt zum Stillstand gebracht“, hieß es in der „Times“ weiter. Kaum eine Zeitung kam ohne den Vergleich mit dem 5:1 von München über Deutschland in der Qualifikation zur WM 2002 aus.

Nur einer blieb gefasst: McClarens Nachfolger Fabio Capello. Der Mann ist Italiener. Mit englischer Fußballeuphorie, die mühelos Zeit und Raum transzendiert, hat er nichts am Hut. „Ein gutes Spiel, ein gutes Resultat, nicht mehr“, sagte Capello. „Das Ergebnis ist besser, als ich es erwartet hatte, nicht aber unser Spiel.“ Damit deutete Capello an, dass der Sieg angesichts nicht allzu vieler herausgespielter Torchancen eher zu hoch ausgefallen war. Und begünstigt wurde durch eine Rote Karte, die Robert Kovac wegen eines Ellbogenchecks gegen Joe Cole nach 50 Minuten gesehen hatte. Den 19-jährigen Walcott, beim FC Arsenal in der vergangenen Saison oft nur Ersatz, aber lobte Capello: „Er ist fantastisch, mental und physisch.“

Ende der Ära Beckham?

Walcott spielte rechts für David Beckham. Erst kurz vor Schluss wurde der alternde Superstar für den jungen Emporkömmling eingewechselt. Da spürte auch der Reporter des „Daily Telegraph“ den Hauch der Historie: „Die Ära Beckham ist zu Ende“, tippte der Mann in seinen Laptop. „Die Ära Walcott hat begonnen.“

Spiel lief nur im Bezahlfernsehen

Doch am Tag des Triumphes gab es auch Ärger. Englische Fußballfans sind Kummer gewohnt: hohe Eintrittspreise, zersplitterte Spieltage, „Match of the Day“ (die englische „Sportschau“) erst am späten Abend. Was in Deutschland noch debattiert wird, ist in England längst Realität. Jetzt aber wurde eine weitere Grenze überschritten. „Wir hassen Setanta“, riefen England-Fans im Stadion von Zagreb beim 4:1 über Kroatien. Der Bezahlsender Setanta zeigte das Spiel exklusiv und hatte laut britischen Medien für die Zweitverwertung 1,3 Millionen Euro verlangt, die keiner der frei empfangbaren Sender zahlen wollte.

Sogar Premierminister Gordon Brown äußerte sich dazu am Donnerstag: „Es ist unglücklich, dass viele Fans das Spiel nicht sehen konnten“, sagte Brown. „Ich glaube, sie wollen jetzt Antworten auf die Frage, warum?“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false