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Sport: England herrscht, siegt aber nicht

Chelsea dominiert und unterliegt Fenerbahce, Arsenal und Liverpool feiern ein rauschendes Unentschieden

Viel ist in letzter Zeit von der Dominanz der englischen Fußballklubs über Europa geredet worden. Insofern war es nicht unbedingt zu erwarten, dass kein einziges der drei Teams aus der anerkanntermaßen besten Liga der Welt im Champions-League-Viertelfinale am Mittwochabend einen Sieg erringen konnte. Einschränkend muss gesagt werden, dass sich der FC Arsenal und der FC Liverpool bei ihrem rauschenden 1:1 selbst gegenseitig an einem Erfolg hinderten, doch das 1:2 des FC Chelsea bei Fenerbahce Istanbul kann sicherlich als mittlere Sensation gewertet werden.

Die Hinspiel-Niederlage in Istanbul kam auch deswegen überraschend, weil Chelsea nach einem frühen Eigentor Deivids das Geschehen lange bestimmt hatte. Doch praktisch aus dem Nichts stellten der gebürtige Londoner Colin Kazim-Richards nach einer Stunde und später eben jener Deivid mit einem Traumtor aus 30 Metern den Spielverlauf nahezu auf den Kopf. „Wir sind sehr enttäuscht, denn wir hatten hier die große Chance zu gewinnen“, sagte Michael Ballack. Englands Zeitungen lobten den Kapitän der deutschen Nationalelf zwar für seine Leistung mit Höchstnoten wie „brillant“ („Daily Mail“) und „überragend“ („The Times“), aber der Mittelfeldspieler des FC Chelsea gab sich selbstkritisch: „Das war unsere eigene Schuld, wir haben den Sieg weggeworfen.“ Während der Deutsche Klartext sprach, war Trainer Avram Grant ratlos. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, sagte der Israeli, bezeichnete die Niederlage aber später als „kein schlechtes Ergebnis“ – was Englands Sportpresse mit Hohn quittierte.

Das 1:1 zwischen Arsenal und Liverpool im Emirates-Stadion dagegen untermauerte den Herrschaftsanspruch der Premier League in Europa vehement – auch wenn es das Ergebnis nicht vermuten lässt, welches der von der drastischen Gegensätzlichkeit der Spielsysteme befeuerten Partie nicht gerecht wurde. Arsenal war in jedem grazilen Angriff um das Tor des Jahres bemüht, die intelligent verteidigenden Gäste aus Liverpool setzten dagegen eine handvoll Konter voller Klarheit und Stringenz. Es krachten zwei ausgewachsene Fußballideologien aneinander. Und es knallte, richtig schön.

Der FC Arsenal dominierte anfangs mit ansehnlichen Kombinationen und ging durch Emmanuel Adebayor in Führung, offenbarte aber mal wieder seine sprichwörtliche Fragilität. Ein bisschen ist das Spiel Arsenals ja wie die gläserne Fassade des Stadions; ein gezielter Steinwurf, und schon geht alles zu Bruch. Nach dem Ausgleich durch Dirk Kuyt verabschiedete sich das Selbstvertrauen der Londoner vorschnell in die Pause. „Da ging ein Gewitter durch das Team“, sagte Trainer Arsène Wenger, die Stimmung war verhagelt. Die Geschichte wiederholte sich nach der Pause, als die Gastgeber drückten, Nicklas Bendtner jedoch einen Schuss von Mitspieler Cesc Fábregas unglücklich auf der Torlinie von Liverpool abwehrte. Danach war der Glaube an den Sieg endgültig verflogen. Ein Unentschieden war schon vor dem Anpfiff das logischste aller Resultate, das aber nahm dem qualitätsreichen Vergleich nichts von seiner Wirkung.

Selbst der sonst so lustfeindliche Fabio Capello ließ sich von dem Kampf der unterschiedlichen Stile beglücken. Oder war es in Wahrheit doch eher Fatalismus, der aus dem Lächeln des neuen englischen Nationaltrainers sprach? Das englisch-englische Duell hatte schließlich alles gezeigt – nur kaum Engländer in Aktion. Ganze drei einheimische Kicker kamen unter dem Franzosen Arsène Wenger und dem Spanier Rafael Benítez zum Einsatz. Ein Flug nach Istanbul hätte sich vielleicht eher gelohnt: Bei Chelsea spielten immerhin vier Engländer. (mit dpa)

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