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Länderspiel Deutschland-England

© dpa

England jubelt: Ein Großer ist besiegt

Mit dem Erfolg in Berlin haben die Engländer nach mageren Jahren viel für ihr angeschlagenes Selbstbewusstsein getan.

Peter Crouchs Arbeitstag war kurz, aber am Ende zählt nun mal, was hinten herauskommt. Weit in der Nachspielzeit hatte Englands Trainer Fabio Capello den langen Stürmer mit den streichholzdünnen Beinen auf den Platz geschickt. Wieder ein paar Sekunden gewonnen. Crouch klatschte Shaun Wright-Phillips ab, er machte zwei, drei Schritte, aber da pfiff ihn der Schiedsrichter auch schon zurück. Schluss, Aus, Ende. Crouch machte kehrt, und noch im Abdrehen riss er die Arme in die Luft und stand ein paar Sekunden allein an der Seitenlinie, im stillen Dialog mit höheren Mächten. Erschöpfung sprach aus dieser Geste, und da sie kaum physischer Natur gewesen sein dürfte, war es wohl die nervliche Last, die in diesen Sekunden von Peter Crouch abfiel. Endlich mal wieder einen großen Gegner besiegt!

Mit einer besseren Ersatzmannschaft hatte England den Lieblingsgegner geschlagen

Der Klassiker lebt, zumindest in England, wo es nach dem bescheidenen Abschneiden der Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren um das Selbstbewusstsein der Fußballnation geht. „England stürmt die Festung Berlin“, titelte der „Guardian“, die „Times“ feierte „Fabio Capellos 24-Karat-Goldereserven“. Mit einer besseren Ersatzmannschaft hatten sie den Lieblingsgegner besiegt. „Eine großartige Vorstellung der jungen Burschen“, fand Kapitän John Terry, „sie haben dem Trainer einiges zum Nachdenken gegeben.“

Fabio Capello nickte zustimmend und sprach von „einem sehr interessanten Spiel, wir haben ein paar neue Sachen ausprobiert“. Mit dem italienischen Maestro ist der Erfolg zurückgekehrt in eine zuvor notorisch erfolglose Mannschaft. Capello freute sich über „viel gewonnenes Selbstvertrauen“ und die Erkenntnis, welche großartigen Spieler da auf ihre Chance warteten, „vor allem technisch war das heute sehr gut“. Capellos Kapitän lobte mehr die vermeintlichen britischen Urtugenden. „Wir wollten immer einen Schritt eher am Ball sein als die Deutschen“, sagte Terry. Das gelang ihnen fast immer. Nur Terry, der Abwehrchef vom FC Chelsea, kam einmal einen verhängnisvollen Schritt zu spät. Das heißt: Er tat diesen Schritt erst gar nicht.

John Terry half Helmes beim Ausgleich - und schoss das Siegtor

Ausgerechnet John Terry, die tragische Figur des Champions-League-Finales vom Mai, als er im Elfmeterschießen beim entscheidenden Schuss ausrutschte, hätte die Engländer fast noch den Sieg gekostet. Mit gebeugtem Rücken und weit von sich gestreckten Armen hatte Terry versucht, einen Wall zwischen Torhüter Scott Carson und dem heranstürmenden Patrick Helmes aufzubauen. „Schieß du ihn, nein du, am Ende hat der Deutsche geschossen“ – so schilderte Trainer Capello später die Situation, die wie aus dem Nichts zum Ausgleich führte. Terry aber wollte nichts von geteilter Schuld wissen: „Ich hätte den Ball einfach wegschlagen müssen.“

Das spricht für einen guten Kapitän – und noch viel mehr die Art, wie er seinen Fehler wiedergutmachte. Nach Stewart Downings Freistoß schlich sich Terry in den Rücken der deutschen Abwehr, er machte im entscheidenden Augenblick den richtigen Schritt, sprang höher als Heiko Westermann und stieß den Ball mit der Stirn in die rechte Ecke. Terry sprach bescheiden von einer „großartigen Flanke von Stewart“, er habe doch nur den Kopf hinhalten müssen. Die „Times“ hingegen dichtete pathetisch von „Terry’s journey from zero to hero“.

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