zum Hauptinhalt
TENNIS-ESP-WTA-ATP

© AFP

Enttäuschendes Masters: Viel Tennis, wenig Zauber

Das neue Masters-Turnier in Madrid sollte zu einem enormen Event geformt werden, aber vieles ist noch nicht ausgereift. Bethon und Asphalt prägen das Bild. Einge Spieler beschweren sich über die Beschaffenheit der Courts.

Ion Tiriac ist ein knallharter Geschäftsmann, er ist es stets gewesen. Gefühlsduselei ist ihm fremd, sie hätte ihn wohl auch daran gehindert, Rumäniens erster Milliardär zu werden. Sein mächtiger Schnauzbart und die getönte Brille, die wie ein Relikt aus den 80er Jahren wirkt, verdecken ohnehin jede emotionale Regung. Doch zumindest auf einen Punkt reagiert der inzwischen 70-Jährige äußerst empfindlich: auf schlechte Presse in Deutschland. Tiriac sei Schuld, „wenn der Hamburger Rothenbaum stirbt“, titelte der Boulevard vor einem Jahr und trieb den ehemaligen Manager von Boris Becker bei den French Open zu einer eiligst anberaumten Aussprache mit den deutschen Medienvertretern. Dass er das Hamburger Turnier „geklaut und ruiniert“ habe, wies Tiriac energisch zurück.

Die Schlagzeile mag zu hart gewesen sein, dennoch war es Tiriac als einem der mächtigsten und einflussreichsten Strategen der Tennisszene gelungen, die Schwäche des angeschlagenen Hamburger Turniers, dem der Masters-Status aberkannt wurde, als Vorteil für sein neu konzipiertes Masters-Turnier in Madrid zu nutzen. So rutschte es terminlich vom Herbst eben auf jene Woche im Mai und aus dem Hallenturnier wurde eine Freiluftveranstaltung parallel für Damen und Herren auf Sand. Mehr noch, Tiriac formte es zu einem enormen Event, einer perfekten Bühne für Madrids Bewerbung für die Olympischen Spiele 2016. „Madrid ist heute, was Deutschland in den 80er Jahren war“, sagt Tiriac. Nicht nur dieses Argument scheint beim Internationalen Olympischen Komitee zu fruchten, das Madrid bereits gute Chancen für den Zuschlag angedeutet hat.

Mit jenen zusätzlichen Geldern war es möglich, den französischen Star-Architekten Dominique Perrault mit der Bebauung von 165 000 Quadratmetern zu beauftragen, in deren Herzen die „Caja Magica“, der Zauberwürfel, entstanden ist. Doch nur wenig ist tatsächlich zauberhaft, denn Perraults Multifunktionshalle, die drei überdachte Courts beherbergt, wirkt als sterile Stahlkonstruktion mit ihren harten Formen bedrohlich. Innen fehlt es an der dichten Tennisatmosphäre. Die Wege für die Zuschauer scheinen auf der Anlage zudem unendlich. Beton, Asphalt und Metall prägen das Bild. „Ich habe schon Besseres gesehen“, sagte auch Roger Federer: „Gerade die Trainingsplätze sind nicht gut, und auf dem Center Court verspringen auch einige Bälle. Vieles ist nicht ausgereift.“

Erst zehn Tage vor Beginn war der Boden in der „Caja Magica“ angelegt worden, zu spät für optimale Bedingungen. Einer der fünf Trainingsplätze erinnert noch fast mahnend an den geplatzten Traum Tiriacs, der auf blau gefärbtem Sand spielen lassen wollte. Alles für die Show eben. Ein Roger Federer wäre dann jedoch nicht angetreten: „Blaue Sandplätze haben keine Chance.“ So bleibt dieser Court trotz aller Rangelei meist verwaist. Die Anlage jedoch nicht, täglich strömen die Zuschauer zum „Tennistainment“. Und auch ohne den Segen der Spieler hat Ion Tiriac einmal mehr seinen ausgeprägten Riecher für ein gutes Geschäft bewiesen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false