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Sport: Enttäuschung in Gold

China ist bei den Asienspielen die erfolgreichste Nation, die Einzelergebnisse sind eher ernüchternd

Der erste Blick auf die Bilanz ist eindrucksvoll: 165 Goldmedaillen hat China bei den Asienspielen in Doha gewonnen, die am Freitag zu Ende gingen. Das sind 40 Prozent der vergebenen Goldmedaillen und noch einmal 15 mehr als bei den vergangenen Spielen vor vier Jahren im koreanischen Busan. Der Abstand zu den Südkoreanern und Japanern ist groß, sie gewannen in Doha 58 und 50 Mal Gold. Doch der zweite Blick sagt: Im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2008 war die Generalprobe für die Chinesen eher ernüchternd.

„Wir haben zwar viele Goldmedaillen gewonnen, aber nur wenige Leistungen genügen wirklich hohen internationalen Ansprüchen“, räumte selbst der stellvertretende Sportminister Duan Shijie ein. 2004 bei den Olympischen Spielen in Athen war China hinter den USA zur zweiterfolgreichsten Nation aufgestiegen. Zur Halbzeit auf dem Weg nach Peking aber sind viele Athleten im Vergleich zur Weltelite zurückgefallen.

Beispiel Schwimmen: Mit 14 von 38 Goldmedaillen blieb China im Becken von Doha nur Platz zwei in der Nationenwertung hinter dem Erzrivalen Japan. Dabei hatten die Japaner sogar einige ihrer Topathleten in Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft im März in Melbourne daheim gelassen. Vor allem die chinesischen Männer enttäuschten mit ganzen zwei Goldmedaillen. Einzig Wu Peng überzeugte mit seinem fantastischen Finish über 200 Meter Schmetterling. Dabei blieb der 19-Jährige aus Hangzhou nur knapp eine Sekunde über dem Weltrekord und kann sich als Einziger des chinesischen Männerteams als Medaillenkandidat für Peking zählen.

Deutlich besser war die Bilanz der Frauen. Mit den in Doha erzielten Zeiten aber würden es die meisten gegen die Konkurrenz aus den USA, Australien oder Deutschland kaum in den Endlauf schaffen. Schwimm-Cheftrainer Zhang Yadong fällte insbesondere über seine erfahrenen Athleten ein vernichtendes Urteil: Es fehle wohl an mentaler Stärke.

Ähnlich präsentierten sich die Leichtathleten. 31 von 135 Medaillen gewann China, mit Leistungen, die Trainern und Funktionären mit Blick auf 2008 Sorgen bereiten. Die Resultate sind zum großen Teil weit von der Weltspitze entfernt – mit wenigen Ausnahmen. „In Asien kann mich niemand schlagen“, prahlte Huang Xiaoxiao nach ihrem Sieg über 400 Meter Hürden in die Mikrophone. Sie hatte bisher nur bei der letzten Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2005 in Helsinki den Endlauf erreicht. Chinas Nationalheld Liu Xiang, Olympiasieger von Athen über 110 Meter Hürden, genügte in Doha eine für seine Verhältnisse durchschnittliche Zeit zu einem ungefährdeten Sieg, umjubelt von den Millionen seiner Fans daheim vor den Fernsehern.

Fast rund um die Uhr übertrugen Sportkanäle die Asienspiele. Doha war auch für die Sender in Peking und Schanghai die Generalprobe für Olympia. Dabei zeigten sie nicht nur alle Wettkämpfe, gefragt waren vermehrt humorvolle Porträts und persönliche Einblicke in das Privatleben der Athleten. Ein Werbespot mit Liu Xiang, in dem der erste Leichtathletik-Olympiasieger des Landes einen Wettlauf mit einem Känguru gewinnt, lief beim staatlichen Sportkanal CCTV5 im Zehnminutentakt. Und die beiden Badminton-Weltmeister Xie Xingfang und Lin Dan, die auch privat ein Paar sind, sind für die Tageszeitung „China Daily“ schon die chinesischen Beckhams.

Mit vier von sieben Goldmedaillen stimmte im Badminton zudem die Leistung der chinesischen Athleten, genauso wie im Turnen, Schießen oder Tischtennis. Im Gewichtheben gewannen Chinesen 10 von 14 Titeln. Bei den Frauen verbesserten Olympiasiegerin Chen Yanqing (bis 58 Kilogramm) und Ma Shuangshuang (bis 75 Kilogramm) gleich vier Weltrekorde. Und auch in Disziplinen, in denen sie bislang weit hinter der Weltspitze lagen – wie Segeln oder Radrennen – holen Pekings Olympiahoffnungen auf. Bei den Kanuten zahlt sich langsam die Arbeit von Cheftrainer Josef Capousek aus. Mit ihm als Chefbundestrainer sammelten deutsche Kanuten 17 Olympiasiege. Nun arbeitet er für den chinesischen Verband und holte bei den Asienspielen gleich sechs von zehn Goldmedaillen.

Capousek ist nicht der einzige ausländische Nationaltrainer in Chinas Diensten. Der Litauer Jonas Kazlauskas führte die Basketballer zum Sieg. Der Kroate Ratomir Dujkovic, der bei der Fußball-WM noch das Überraschungsteam aus Ghana betreute, trainiert seit kurzem Chinas Kicker, bislang noch nicht so erfolgreich. Den Finaleinzug hatte Dujkovic als Ziel ausgegeben. In Doha scheiterte seine Elf bereits im Viertelfinale.

Überhaupt lief im Wüstenstaat Katar nicht alles nach Wunsch. Zu Beginn brachten Regenfälle das Programm durcheinander. Sogar die weltgrößte Mehrzweckhalle stand unter Wasser. Dann wurden fünf Athleten des Dopings überführt, allesamt Gewichtheber. Chinesische Athleten waren nicht darunter. Die Spiele in Peking sollen saubere Spiele werden, hatte die Staatsführung schon vor Monaten verkündet, nachdem in den neunziger Jahren chinesische Schwimmer und Läufer gleich serienweise überführt worden waren. Wenigstens hier scheint Chinas Sport für 2008 im Zeitplan zu liegen.

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