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Peking 2008 - Rudern

© dpa

Enttäuschung: Kein Gold für deutsche Ruderer

Die deutsche Ruderverband hat bei den Olympischen Spielen ein Debakel erlebt. Zum ersten Mal seit 1956 hat Deutschland keine Goldmedaille gewonnen. Mit der Bronzemedaille vom Sonntag im Doppelvierer der Frauen und der Silbermedaille im Zweier der Frauen vom Sonnabend kommt der Verband auf insgesamt zwei Medaillen.

Das schönste Bild hat das deutsche Rudern in Shunyi am Sonntag um kurz nach 18 Uhr abgegeben. Der nachmittägliche Regen hatte sich verzogen und den letzten Smog aus dem Pekinger Himmel gewaschen, als Kathrin Boron neben einer provisorischen Olympiahütte stand und mit ihren Kolleginnen aus dem Doppelvierer die Bronzemedaille in eine Kamera hielt. Sie hatte sich schon etwas damit abgefunden, dass es bei ihrer fünften Olympiateilnahme zum ersten Mal nicht für Gold gereicht hat. Die rote Abendsonne tauchte alles in ein freundliches, wärmendes Licht. Ein trügerisches Bild.

Der deutsche Ruderverband hat bei den Olympischen Spielen ein Debakel erlebt. Zum ersten Mal seit 1956 hat der Verband keine Goldmedaille gewonnen. Mit der gestrigen Bronzemedaille im Doppelvierer der Frauen und der Silbermedaille im Zweier der Frauen vom Sonnabend kommt der Verband auf insgesamt zwei Medaillen. Drei hatten sich die Ruderer erhofft. „Das ist eine bittere Niederlage für die deutsche Rudernation“, sagte Sportdirektor Michael Müller, „wir zählen nicht mehr zu den drei führenden Rudernationen der Welt.“ Zwar hatte sein Team mit einem mysteriösen Virus zu kämpfen, der einen Trainer und sechs Ruderer mit hohem Fieber und Gliederschmerzen in Quarantäne zwang. Trotzdem ließ Müller die Erkrankungen nicht als Entschuldigung gelten. „Das darf den Blick nicht verstellen, dass wir ein grundsätzliches Problem haben.“

Die Hoffnungen ruhen auf der erstmals zu besetzenden Position eines Chef-Bundestrainers, der über den übrigen vier Bundestrainern stehen soll. Sein Job wird es unter anderem sein, die Techniken der einzelnen Ruderer, die bislang mit ihren Heimtrainern arbeiteten, zu vereinheitlichen. Auch Kathrin Boron begrüßt das Vorhaben. „Wenn es eine Person ist, die von allen Bundestrainern akzeptiert wird, kann das eine gute Variante sein“, sagte Boron nach dem Rennen. Mit einer guten Länge Abstand hatte das chinesische Boot im Doppelvierer der Frauen die erste Rudergoldmedaille bei diesen Spielen für die Gastgeber gewonnen. Die Chinesinnen sind faktisch Berufsportler, weshalb Sportdirektor Michael Müller auch grundsätzliche Systemkritik äußerte: „Wir brauchen eine bessere soziale Absicherung.“ Die Frauen im Doppelvierer können das bestätigen. Als sich die 38 Jahre alte vierfache Olympiasiegerin Boron vor vier Jahren entschlossen hatte, bis Peking weiterzumachen, ging sie als Erstes zum Arbeitgeber, einer Bank. „Wenn die mich nicht unterstützt hätten, hätte ich aufgehört“, sagte sie.

Doch nicht nur das System, auch der Sportdirektor befindet sich nach den Ergebnissen in der Kritik. Einen Rücktritt schloss Müller trotzdem aus. „Diese bittere Niederlage bietet die Chance, einen Neuanfang zu machen“, sagte er. Vielleicht hat ihm auch die Abendsonne geholfen, noch etwas Positives am Abschneiden von Peking zu finden.

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