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Sport: Ergriffen vor Größe

Der FC Bayern feiert mit Böllern und Blasmusik

München. Aus Sicht der Veranstalter muss das unheimlich dreist gewesen sein, dass sich das Wetter eine solche Laune erlaubte. Als Rudi Völler auf das rot-weiß gestrichene Podest geklettert war, um Oliver Kahn die Meisterschale zu überreichen, streckte er seine rechte Hand aus und fühlte Regentropfen. Es nieselte, pünktlich zum Zahltag. Natürlich ließen sich die Angestellten der FC Bayern AG davon nicht abschrecken, sie sind geübt im Feiern, sie betreiben das in den letzten Jahren mit einiger Professionalität. Diesmal hatten die Eventmanager Böllerschützen verpflichtet, 18 von ihnen verteilten sich auf der Laufbahn und jeder durfte einen Schuss abfeuern, je einen für jeden Meistertitel der Vereinsgeschichte. Für Momente schien es, als seien die Münchner ergriffen von der eigenen Bedeutsamkeit.

Ein wenig Folklore hatten sie sich schon zuvor geleistet; sie tun das gerne, wenn es den eigenen Ruhm zu zelebrieren gilt. Der Musikverein Blaichack e.V. durfte also über die Tartanbahn stapfen und die bayerische Kunst der Blasmusik vortragen, später wurde reichlich Weißbier ausgeschenkt und Brezen gegessen. Besonders attraktiver Fußball zählte lange Zeit nicht zu den Brauchtümern, die der FC Bayern am gestrigen Nachmittag pflegte. Stattdessen bot der Meister beim letzten Heimspiel der Saison vor allem in der ersten Halbzeit mäßig unterhaltsamen Sport, was freilich auch an den Stuttgartern lag, die nur sporadische Versuche unternahmen, Platz zwei zurückzuerkämpfen. Für Spannung sorgten vor der Pause lediglich ein Kopfball Claudio Pizarros sowie zwei Chancen Giovane Elbers, dessen Fernduell um die Torjägerkrone mit dem Bochumer Thomas Christiansen aus bayerischer Sicht den einzigen sportlichen Wert der Begegnung lieferte. Und als habe eine höhere Macht ein perfektes Drehbuch für das Spiel geschrieben, durften die Bayern-Fans in der zweiten Halbzeit doch noch über die Saisontore 20 und 21 des Brasilianers jubeln, die nebenbei das Spiel entschieden.

Zunächst hatte ihm Pizarro kurz nach der Pause den Ball zum 1:0 aufgelegt, ehe Elber nach 75 Minuten ein Scholl-Zuspiel zur Entscheidung nutzte. Der Anschlusstreffer durch Sean Dundee brachte den 23. Sieg der Bayern im 33. Saisonspiel nicht mehr in Gefahr. „Mit dieser Niederlage ist der Kampf um Platz zwei beendet“, folgerte VfB-Trainer Felix Magath. Er sagte das gefasst, man hat „ja schließlich gegen den Meister gespielt, und da darf man auch schon mal verlieren“.

Die Schwaben wollten nicht stören bei der bunten Meisterfeier, die die Münchner auf dem prall gefüllten Marienplatz fortsetzten. In Cabrios waren sie über die Prachtstraßen der Stadt dorthin gekurvt und nippten dabei fröhlich an ihren Bierflaschen. Wie viel Weißbier den Abend garnieren sollte, mochte Michael Ballack noch nicht einschätzen. „Mal sehen, wie viel wir bekommen.“

Daniel Pontzen

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