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Sport: Erinnerungen an Sydney: Ohne Gold wenig Geld

"Alles umsonst, vier Jahre vertan! Solche Gedanken kommen einem da sofort in den Kopf", sagt Uschi Schmitz.

"Alles umsonst, vier Jahre vertan! Solche Gedanken kommen einem da sofort in den Kopf", sagt Uschi Schmitz. Die Generalsekretärin des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) erinnert sich mit sehr unguten Gefühlen an die Olympischen Spiele in Sydney. Früher glänzten die Hockeyteams bei sportlichen Großereignissen mit Medaillen wie keine andere deutsche Mannschaftssportart. Doch der Abwärtstrend, der sich 1996 bei den Spielen in Atlanta angedeutet hatte, setzte sich nun in Australien fort. Die Herren wurden Fünfte, die Damen sogar nur Siebte. "Ich war so davon überzeugt, dass beide eine Medaille holen. Wir haben auch so viel dafür getan. Deshalb war die Enttäuschung jetzt riesig", sagt Schmitz.

Ein paar Monate vor den Olympischen Spielen hat sich die DHB-Spitze mit den Bundestrainern und den Teammanagern zusammengesetzt. Obwohl der Verband chronisch klamm ist, durften noch Wünsche geäußert werden, was man tun könne, um die Olympia-Chancen zu verbessern. Nichts sollte unversucht bleiben. Man kam auf die Idee, mit der Aktion "Olympia-Aktie" an Geld zu kommen. 16 Spieler oder Spielerinnen gehören zu jedem Team; jedes Mitglied hat zwei Trikots. Wer 2000 Mark für eine Aktie spendete, bekam dafür ein signiertes Trikot. Die viel zitierte Hockey-Familie zog mit, die Aktion war ein voller Erfolg. Alle Aktien wurden innerhalb von zwei Wochen verkauft, 128 000 Mark verdient. Viele Wünsche konnten mit diesem Geld erfüllt werden. Doch die gute Tat brachte sportlich nicht den gewünschten Erfolg.

Die unangenehme Erinnerung an Sydney wird Uschi Schmitz so schnell auch nicht verlassen. Denn der kleine Verband mit seinen 62 000 Mitgliedern in 400 Vereinen hätte die Erfolge dringend gebraucht, um mit neuen Argumenten in Sponsorengespräche einzusteigen. Normalerweise findet Hockey in Deutschland nur am Rande des öffentlichen Interesses statt, im Fernsehen so gut wie gar nicht mehr. Folglich gibt es nicht viele Unternehmen, die bereit wären, Geld in diese Sportart zu investieren. Doch Medaillen und erst recht Gold bei Olympischen Spielen machen noch immer Eindruck auf potentielle Sponsoren. So war es auch 1992 nach Barcelona gewesen, wo die deutschen Herren Gold gewannen und die Damen Silber. Zwar hatte der DHB bereits im Vorfeld Sponsorverträge mit Opel und der Brauerei Krombacher und weitere kleinere Verträge abgeschlossen, auch in Erwartung der dann wirklich gewonnenen Medaillen. Doch danach dauerte es nicht lange, bis die Zuwendungen teilweise deutlich erhöht wurden. Dem deutschen Hockey ging es finanziell richtig gut.

Die goldenen Zeiten sind auch in dieser Hinsicht vorbei. Ende dieses Jahres steigen Opel und Krombacher beim DHB aus. Für Opel wurde als Nachfolger Apollinaris gewonnen. Ein Ersatz für die Brauerei wird noch gesucht, nun unter erschwerten Bedingungen. In den vergangenen fünf Jahren, schätzt ein früheres Präsidiumsmitglied, ist das Volumen der Sponsoreinnahmen um über 50 Prozent zurückgegangen. Das schmerzt einen Verband, der ohnehin große Mühe hat, seinen Jahresetat von 2,8 Millionen Mark zu decken. 2,8 Millionen für einen ganzen Verband - das Budget des Deutschen Fußball-Meisters FC Bayern München beträgt 100 Millionen Mark.

Dafür hat Hockey die Unterstützung vom Bundesinnenministerium. Über die Hälfte aller Ausgaben trägt der Staat. Der ist, wenn man so will, der Hauptsponsor. Auch von ihm könnten die Mittel eingeschränkt werden, weil die deutschen Damen durch Rang sieben in Sydney aus der höchsten Förderkategorie herausrutschten. Weitere finanzielle Einbußen hätten zur Folge, dass nicht mehr so viele Lehrgänge und Vergleiche mit anderen Nationalmannschaften möglich wären. Das wiederum schadet der Wettbewerbsfähigkeit. Und damit schließlich wäre ein Medaillengewinn bei den nächsten Olympischen Spielen noch einmal etwas schwieriger zu verwirklichen.

Ein Teufelskreis. Gold macht das Leben leichter. Auch im Hockey.

Dietmar Wenck

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