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Sport: Erschrocken ist nur das Publikum

Der Norweger Tom Hilde bricht sich einen Wirbel.

Garmisch-Partenkirchen - Als Tom Hilde am Mittwoch in Oberstdorf das Podium betritt, erscheint ein gut aussehender, blendend gelaunter Mitfavorit für die Vierschanzentournee. Als Tom Hilde vier Tage später in Garmisch-Partenkirchen auf das Podium steigt, zieht er sein linkes Bein nach, leuchtet sein von Schrammen und Blutergüssen verunstaltetes Gesicht rot, ist seine Skisprung-Saison beendet. Schlimmer, der achte Wirbel seines Rückgrats ist gebrochen. Nur eines hat sich nicht verändert: Hildes gute Laune.

„Sich einen Teil des Rückgrats zu brechen, ist nicht so schmerzhaft, wie es sich anhört“, klärt er das staunende Publikum auf, „solche Verletzungen sind Teil des Spiels.“ Tom Hilde lacht, die Zuhörer wundern sich angesichts dieses Ausmaßes an Galgenhumor. Der Norweger registriert es – und legt einen Erklärungsversuch nach: „Vielleicht ist ja auch mein Gehirn ein bisschen verletzt.“

Dabei ist das alles gar nicht lustig. Als Hilde nach seinem furchtbaren Sturz beim ersten Springen der Vierschanzentournee in Oberstdorf im Auslauf lag, musste das Schlimmste befürchtet werden. Im Krankenhaus durfte er sich nicht bewegen, weil die Ärzte ihn auf eine Schädigung des Zentralnervensystems im Rückenmark untersuchten. Die bestätigte sich zum Glück nicht, einen Tag später durfte er das Krankenhaus verlassen. Eine Lähmung habe er nie befürchtet, sagt Hilde, „ich habe mich nach dem Sturz bewegen können, ich konnte nur nicht atmen, weil der Mund voller Schnee war“. Sein Sturz wirft die Frage auf, ob die Bedingungen, das Schneetreiben und die wechselnden Winde, nicht zu gefährlich waren. Doch der Norweger widerspricht. „Das war mein Fehler, ich bin 24 Jahre alt, ich springe seit 20 Jahren, ich sollte fähig sein, bei diesen Bedingungen eine Landung zu machen.“ Dann schiebt er einen seltsamen Vergleich nach: „Das ist wie bei einem Fußballer, der zum Elfmeter antritt und sich dabei den Rücken bricht.“

Nur einmal lässt er kurz durchblicken, dass er nach der ersten Diagnose traurige Gedanken hegte. Doch das hat sich längst geändert. „Ich werde mich immer an diesen Sturz erinnern“, sagt er, „aber ich werde deshalb in Zukunft nicht schlechter springen.“ Er will wieder hoch auf die Schanzen dieser Welt – Zweifel kann er sich dabei nicht leisten. Benedikt Voigt

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