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Sport: Erst kämpfen, dann klatschen

Fünf Städte konkurrieren um die deutsche Olympia-Kandidatur – und alle sollen danach hinter dem Sieger stehen

Düsseldorf. Kennen Sie Professor Simoni? Oder Oberschwester Ingrid? Zugegeben, das Wissen um zwei der Darsteller aus der ARD-Serie „In aller Freundschaft“ ist kein Muss. Leid und Freud in der Sachsenklinik sind freilich ein konstanter Quotenerfolg für das Erste, und so ließen es sich die Olympiabewerber in Leipzig nicht entgehen, gleich die ganze Crew als Unterstützer von Sommerspielen in Sachsen zu präsentieren.

Die vage Aussicht auf Olympia 2012 vor der Haustür haben nicht nur in Leipzig, sondern auch in Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und Stuttgart rührige Aktivitäten ausgelöst. In der Rhein-Ruhr-Region verteilt man zum Beispiel bunte Aufkleber und wirbt international verständlich mit „more than a city", mehr als eine Stadt. In Hessen hingegen streiten die Parteien vor allem um die Finanzierung, die Hanseaten geben sich standesgemäß kühl und zurückhaltend. Die Schwaben schließlich lassen die Teenie-Band Jammin Crew schlicht „Yabba Dabba Doo" singen.

Der Glaube an den Erfolg scheint unbegrenzt. Als offen gilt nur noch, wann es klappen wird mit dem olympischen Traum. Die letzte Stadt, die es im ersten Anlauf schaffte, war München 1972. „Der deutsche Bewerber wird ein starker Bewerber sein. Ob es 2012, 2016 oder 2020 klappt, wird sich zeigen“, sagt Michael Groß. Das Mitglied des Nationalen Olympischen Komitees organisiert in der AG Olympia 2012 die Überprüfung der Bewerberregionen. Die Evaluierungskommission unter Vorsitz von NOK-Vizepräsident Dieter Graf Landsberg-Velen tourt in diesen Tagen durch die Städte und wird ein Ranking vorlegen, an das sich bei der Wahl am 12. April 2003 niemand halten muss.

Ex-Schwimmer Groß freut sich, „dass trotz des Wettbewerbs untereinander und trotz des Drucks der Medien und Politik bislang ein kollegialer Stil gepflegt wurde". Vor allem mit Blick auf die Erfahrungen bei der gescheiterten Berliner Bewerbung für 2000 bemüht man sich jetzt schon darum, dass nach der nationalen Entscheidung die unterlegenen Städte dem Sieger ihre Unterstützung zukommen lassen. Horst Klosterkemper, Leiter des Düsseldorfer Bewerbungskomitees, bekräftigt diese Linie: „Wer auch immer es schafft, die anderen vier müssen im gleichen Augenblick applaudieren.“ Doch der Geschäftsführer der Düsseldorfer Messe, in deren Hallen das olympische Medienzentrum entstehen würde, wundert sich bisweilen. Vor allem dann, wenn Sylvia Schenk als Verbandspräsidentin der Radsportler kundtut, sich bei knappem Abstand zwischen zwei Bewerbern für jene Stadt zu entscheiden, die bessere Möglichkeiten für ihre Sportart bietet. „Ich finde das sehr erstaunlich und würde mir komisch vorkommen, wenn ich in der Kommission sitzen würde", sagt Klosterkemper.

Das grundsätzliche Problem der deutschen Bewerbung ist freilich ein anderes – man wird beim endgültigen IOC-Entscheid 2005 Außenseiter sein. Das weiß auch Groß: „Wenn unsere Chancen auf den Zuschlag für die Spiele 2012 ohnehin relativ gering sind, ist es umso wichtiger, dass man mit größtem Engagement die Sache angeht.“ Der Unternehmensberater, der im November im „Handelsblatt“ die Wahrscheinlichkeit eines deutschen Erfolges im ersten Anlauf auf „ein bis zwei Prozent" beziffert hatte und dafür im NOK kritisiert wurde, formuliert derlei Meinungen heute moderater.

Zu möglichen Favoriten sagt er erst recht nichts. Gleichwohl werden Stuttgart und Düsseldorf im internen Kreis als jene Städte genannt, die es am ehesten schaffen könnten. In der NRW-Landeshauptstadt glaubt man nicht zuletzt deswegen an eine gute Chance, weil sie den größten Ballungsraum bietet und damit die beste nacholympische Nutzung der Sportstätten.

Die Stuttgarter dagegen dürfen sich der intensiven Unterstützung von Daimler-Chrysler sicher sein, das gegen ein Großevent am Firmenstandort nichts einzuwenden hätte und schon lange über beste Beziehungen zum Internationalen Olympischen Komitee verfügt. Groß mag diesen Zusammenhang nicht erkennen: „Ein solcher Global Player wird den Deubel tun und sich allein aus standortpolitischen Gründen zu weit aus dem Fenster lehnen." HB

Erich Ahlers

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