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Ein Brite triumphiert in Paris. Bradley Wiggins, Sieger der Tour de France 2012.

© dapd

Update

Erster Sieg eines Briten: Bradley Wiggins gewinnt die Frankreichrundfahrt

Bradley Wiggins gewinnt als erster Brite die Tour de France, weil sein Team Sky alles penibel vorbereitete – angeblich ohne Doping.

Ganz formal ist es ein Erfolg von historischer Dimension. 45 Jahre nach dem Tod von Tom Simpson auf dem Mont Ventoux gelang in Bradley Wiggins dem ersten Briten der Sieg bei der Tour der France. Er hatte dabei – kann man hoffen – keinen Koffer voll Aufputschmittel dabei wie einst Simpson. Er setzte auch nicht sein Leben aufs Spiel, weil ihm von seinem Manager ein Grundstück auf Korsika versprochen worden war, wenn er unter die besten fünf käme. Wiggins ist schon Commander of the British Empire. Ein Haus im schönen Lancashire besitzt er auch. Olympiasiege und Regenbogentrikots hat er auf der Bahn eingesammelt wie kaum ein Zweiter.

Zudem ist Wiggins kein abenteuerlustiger Einzelkämpfer, sondern das finale Element einer seit Jahren optimierten Maschine namens Team Sky. Vor vier Jahren wurden die Pläne aufs Papier gemalt, die besagten, dass nach Ablauf von fünf Jahren ein britischer Toursieger und ein Olympiasieger im Straßenrennen produziert sein würden und dass dies auch noch ohne Doping zu schaffen sei. Ein ehrgeiziges, ein fast schon übermütiges Ziel. Punkt 1a, der Toursieg, ist jetzt erreicht. Ob es ohne Doping gelang, also Punkt 1b erfüllt wurde, wird die Zukunft erweisen. Gegen Wiggins liegt bislang kein handfester Verdacht vor.

Lediglich die unprofessionelle Art und Weise, mit der Sky auf Anfragen nach der Zusammenarbeit mit dem aus dem Dopingrennstall Rabobank gekommenen Mediziner Geert Leinders und denen nach einem Zusammenhang mit dem bereits von der US-amerikanischen Anti- Doping-Agentur USADA verurteilten Arzt Luis Garcia del Moral reagierte, schüren Zweifel an der absoluten Lauterkeit des Unternehmens Toursieg. Wiggins einstiger Betreuer Matthew White schickte mindestens einen Athleten zu del Moral und wurde deshalb von seinem damaligen Arbeitgeber Team Garmin gefeuert.

Die Tour de France im Comic:

Auf jeden Fall hat das Team penibel geplant. Eine Gruppe aus „neun Kapitänen“, wie es ein wenig neidisch der deutsche Liquigas-Profi Dominik Nerz formulierte, wurde zu einer Einheit zusammengeschmolzen. Bei diesem Prozess wurde nicht einmal Rücksicht auf den Weltmeister Mark Cavendish – erster Kandidat übrigens für Punkt 2a, also den Olympiasieg – genommen. Der bekam nur zwei Helfer an die Seite gestellt statt des gewohnten Zugs. Mehr Niederlagen als Etappensiege standen deshalb zu Buche. „Sicher wäre mit einem Zug meine Tour de France anders verlaufen. Aber auch die Tour von Brad wäre eine andere gewesen“, sagte Cavendish.

Auch ein in den Bergen sichtlich stärkerer Christopher Froome fügte sich dem Gesamtplan. Er wartete auf den Chef. Das trug ihm abseits von Team Sky paradoxe Schelte ein. Die „L’Equipe“ hielt es für überheblich, wie Froome sich mehrmals nach dem hechelnden Boss umblickte.

In der Logik dieser Tour de France haben Froome, Wiggins und Cavendish alles richtig gemacht. Der Weltmeister schleppte Trinkflaschen für den Kapitän – und stibitzte immerhin noch zwei Etappensiege. Der Edelhelfer hielt die Rivalen auf sicherer Distanz. Und Wiggins, der Zeitfahrer, spielte seine Überlegenheit in dieser Disziplin aus. Hier war er tatsächlich eine Klasse für sich. Das erzeugte etwas Langeweile. Schuld daran waren aber nicht die Protagonisten von Sky. „Wir haben den Parcours mit den vielen Zeitfahrkilometern doch nicht gemacht. Wir haben unseren Plan diesen Bedingungen angepasst“, sagte deren sportliche Leiter Sean Yates fast schon entschuldigend. Es lag eher an der mangelnden Klasse der anderen.

Eine Ursache hierfür ist sicher auch der Totalausfall des eigentlichen Superteams Radioshack. Keiner der nominellen Kapitäne Fränk Schleck, Andras Klöden und Christopher Hormer spielte in der Gesamtwertung eine Rolle. Schleck sorgte sogar noch dafür, dass eine Grundkomponente modernen Leistungssports nicht in Vergessenheit geriet: das Doping. Auf den Champs Elysees spielte dies keine Rolle. Schleck wird nicht auf dem Podium vermisst. Es gibt Champagner und Geböller.

Die finale Bilanz dieser Tour wird erst nach ein paar Jahren Dopingnachweisforschung geschrieben werden können.

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