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Nach unten. Asamoah könnte trotz Abstieg bei St. Pauli bleiben. Foto: Reuters

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Sport: Erwartung erfüllt

Nach dem Abstieg muss sich St. Pauli in der Zweiten Liga wieder neu erfinden

Diesmal hatte Helmut Schulte nichts zu sagen. Gar nichts. Was selten genug vorkommt. Schulte war einfach bedient von diesem 1:8 des FC St. Pauli gegen den FC Bayern München. Der Abstieg des Aufsteigers ist besiegelt, und was das letzte Aufbäumen gegen den Niedergang werden sollte, wurde ein ganz peinlicher Auftritt. Dem Manager der Hamburger scheint das große Gewese um den scheidenden Trainer Holger Stanislawski schon seit Wochen etwas übertrieben; mit warmen Worten hielt sich Schulte merklich zurück. Vielleicht bleibt bei ihm und anderen im Verein eine Ahnung, dass in dieser Saison trotz der ganzen Verletzten doch mehr möglich gewesen wäre als Rang 18: sechs Punkte hinzu, und die Hamburger wären am letzten Spieltag mitten im Rennen um Rang 16. Möglich wäre das gewesen, in Wolfsburg, in Lautern, gegen Hannover.

Die Realität ist eine andere.

St. Pauli muss sich nach einer schönen Vor- und einer schlimmen Rückrunde mit der Rückkehr in die Zweitklassigkeit anfreunden. Im kalten Februar gelang der Mannschaft der letzte Sieg, danach holte St. Pauli aus elf Spielen einen Punkt. In jedem anderen Klub wäre der Trainer entlassen worden. Am Millerntor hielt man dem ewigen Hamburger Stanislawski die Treue – und bekam die Quittung. Soll man das gut oder schlecht finden? Die Hoffnung trog, dass Stanislawski mit seiner Trainingsarbeit Profis von mittlerem Zweitliganiveau wie Markus Thorandt, Ralph Gunesch, Florian Lechner, Charles Takyi oder Marcel Eger entscheidend verbessern würde. So geschah das, was man vor der Saison erwarten konnte: Die Mannschaft mit dem schwächsten Kader der Bundesliga wird Letzter und steigt ab.

Nicht der Wiederaufstieg soll nun das Ziel sein. Sondern eine Art Konsolidierung im Jahr eins nach Stanislawski. Um den Aufstieg mitspielen, heißt das Saisonziel. In seinen ersten Interviews schien der neue Trainer André Schubert, der vom SC Paderborn kommt, schon genervt von den vielen Vergleichen mit St. Paulis Übertrainer Stanislawski. Zumal Schubert noch gar nicht weiß, welche Mannschaft er trainieren wird – der große Umbruch steht bevor. Torwart Thomas Kessler und Mittelfeldspieler Matthias Lehmann waren die einzigen stetig erstligatauglichen Profis beim FC, beide werden gehen. Auch Carlos Zambrano, Bastian Oczipka, Max Kruse und Charles Takyi werden den Verein verlassen. Die Aufstiegshelden früherer Tage wie Gunesch, Eger und Lechner haben nach zuletzt ganz schwachen Leistungen keine Zukunft mehr am Millerntor. So wird sich erst im Sommer eine Mannschaft herausschälen, die unter Schubert vor allem das Verteidigen wieder lernen soll. Zu dilettantisch hatte sich die Defensive in fast allen Spielen der letzten Monate angestellt.

In Fabian Boll und Gerald Asamoah, Dennis Daube, Marius Ebbers, Fin Bartels und Rouven Hennings bleiben aber auch Profis im Kader, die gehobenes Zweitligamaß haben. Finanziell steht St. Pauli gesund da, kein Vergleich mit früher, als jeder Abstieg den Flirt mit der Pleite bedeutete. „Wir sind hier keine One-man- Show“, hat Schulte vor ein paar Wochen gesagt und seine unterkühlte Beziehung zu Stanislawski in Worte gefasst. Auch nach Stanislawski wird es weitergehen mit Fußball am Millerntor, sagte am Samstag Stürmer Ebbers, der unter dem scheidenden Trainer zuletzt keine Chance mehr bekam. Nicht jeder ist also traurig, dass Stanislawski geht. Und die Fans? Die werden auch in der Zweiten Liga kommen. Die meisten von ihnen würden auch in der Dritten Liga kommen. Aber so weit hinunter muss es ja nicht gleich gehen.

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