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Sport: Es geht voran – nach unten

Gladbach feiert das 1:1 in München und den Sturz auf einen Abstiegsrang

Die Szene sah nicht nach Bundesliga aus, sie erinnerte vielmehr an jene Art von Fußball, die es manchmal in der Grundschule zu beobachten gibt, wenn auch die Unsportlichen und die Mädchen mitspielen dürfen. Rund zwei Dutzend Spielerbeine wuselten auf engstem Raum an der Kante des Mönchengladbacher Strafraums, die Weißen versuchten, den Ball Richtung Mittellinie hinauszudreschen, während die Roten ihn mit aller Macht ins Tor befördern wollten. In diesem dichten Knäuel schnellte der Ball so unkontrolliert umher wie eine Kugel im Flipperkasten, ehe er Roque Santa Cruz vor die Füße sprang. Gladbachs Torwart Kasey Keller warf sich dem Münchner Stürmer beherzt entgegen, woraufhin der Paraguayer überhastet abschloss und daneben schoss.

Die Szene stand sinnbildlich für die gesamten 90 Minuten. Mit großem Aufwand hatten sich die Bayern bemüht, den fest einkalkulierten Sieg gegen die auswärtsschwächste Mannschaft der Liga herbeizuschießen, die Gladbacher mit aufopferungsvollem Kampf dagegengehalten, und am Ende hatten die Borussen einfach ein bisschen mehr Glück. „Natürlich kann man nicht immer verhindern, dass Bayern Torchancen hat oder auch einen Lattentreffer. Aber insgesamt haben wir sehr gut gespielt“, sagte Gladbachs Trainer Jupp Heynckes. „Heute war nicht nur wichtig, dass wir gepunktet haben, sondern wie die Mannschaft aufgetreten ist und wie sie Fußball gespielt hat.“ Dass der Klub dennoch erstmals in dieser Saison auf einen Abstiegsplatz fiel, beeinträchtigte Heynckes’ Stimmung nicht: „Wichtig ist, dass die Mannschaft sich weiter verbessert, und das hat sie heute gemacht.“

Dabei hatte zwischenzeitlich wenig darauf hingedeutet, dass die Borussen ihre düstere Bilanz würden aufhellen können. Ein einziges Mal hatten sie in München gesiegt, und dann machten die Bayern von Beginn an Druck, durch einen Kopfball von Martin Demichelis gingen sie in Führung, und als die Gladbacher danach zur Mittellinie schlichen, sah sich Peer Kluge offenbar genötigt, seine Kollegen mit lauten Rufen aufzuwecken. Wie ein unerwartetes Geschenk mag manchem das plötzliche 1:1 vorgekommen sein: Demichelis hatte in der Gladbacher Hälfte einen Fehlpass gespielt, Federico Insua blitzschnell geschaltet und Michael Delura per Steilpass bedient, der überlegt zum Ausgleich vollendete. „Er war zuletzt ein bisschen in der Kritik, ich denke, das tut ihm gut“, lobte Kluge den Torschützen, während Thomas Helveg die Leistung des Vorbereiters hervorhob: „Heute hat man gesehen, wie wichtig Federico noch für uns sein kann.“

Für Jupp Heynckes kam der Punktgewinn nicht überraschend, er hatte bereits im Training registriert, dass einige Spieler an Selbstbewusstsein zugelegt hatten. „Wir haben ja schon in der zweiten Halbzeit in Stuttgart letzte Woche besser gespielt“, sagte Heynckes, die Leistung in München sei eine konsequente Fortsetzung gewesen. „Ich denke, dass uns der Punkt Auftrieb für die kommenden beiden Spiele geben wird.“ Da geht es gegen Mainz und Bochum, direkte Konkurrenten also, und deshalb auch um die Frage, ob seine Mannschaft den jüngsten Trend dazu nutzt, die Abstiegsränge rechtzeitig vor dem Überwintern wieder zu verlassen. Ästhetisch anspruchsvolle Spiele sind da nicht zu erwarten – eher schon Szenen wie jene am Samstagnachmittag in München, kurz vor Schluss.

Daniel Pontzen[München]

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