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Sport: „Es gibt auch elegante Trainerwechsel“

Gladbachs Sportdirektor Christian Hochstätter über die Verlogenheit im Fußball

Herr Hochstätter, als Sie selbst noch Profi waren, hat es sieben Jahre gedauert, ehe mit Wolf Werner zum ersten Mal Ihr Trainer entlassen wurde. War das ein Schock?

Das war es sicher – weil ich unter Wolf Werner Nationalspieler geworden bin. Aber die Mannschaft hat damals eben nicht erfolgreich gespielt. Und dann kommt schnell der Punkt, an dem der Klub sagt: Wir müssen jetzt was tun, damit wir nicht absteigen.

Werner hat erzählt, Sie hätten zu den Spielern gehört, die hinter ihm standen. Warum?

Weil es leichter ist, hinter einem Trainer zu stehen, unter dem man selbst erfolgreich war und unter dem man sich weiterentwickelt hat. Aber wenn die Ergebnisse der Mannschaft nicht stimmen, hatte das auch vor 15 Jahren schon die gleichen Folgen wie heute.

Borussia Mönchengladbach war damals nach sieben Niederlagen in Folge Tabellenletzter. Was hätten Sie als Sportdirektor getan?

Das ist ja eine tolle Frage. Mit dem Wissen von heute hätte ich wahrscheinlich genauso gehandelt, wie ich es jetzt bei Ewald Lienen getan habe – weil man eine solche Entscheidung nicht aus einer Laune heraus trifft, sondern wohl überlegt, im Interesse des Vereins.

Wohl überlegt? Dafür kam Lienens Entlassung aber sehr plötzlich.

Ich glaube, das Problem war, dass wir die Entscheidung vor der Öffentlichkeit getroffen haben. Die Medien und auch die Zuschauer waren darauf noch gar nicht vorbereitet. Hätten wir noch 14 Tage gewartet, hätte die Entlassung wahrscheinlich einen ganz anderen Touch bekommen. Aber ich hatte eben Signale aus der Mannschaft und aus dem Umfeld, dass schnell etwas passieren musste.

Lienens Entlassung hat eine Diskussion über die Sitten im Profifußball ausgelöst. Ist die Branche verlogen?

Was heißt verlogen? In der freien Wirtschaft ist es auch nicht anders. Nur wenn dort ein leitender Mitarbeiter entlassen wird, wird nicht wochenlang in den Medien diskutiert, ob die Entscheidung moralisch verwerflich ist.

Der „Spiegel“ hat geschrieben, dass die Vereinsmanager nun stärker unter Druck geraten.

In meinem Fall trifft das sicherlich zu, weil unser Präsidium gesagt hat, wenn das mit dem neuen Trainer Holger Fach nicht funktioniert, reden wir auch über den Sportdirektor. Aber mein Vorgänger Rolf Rüssmann durfte hier fünf Trainer verschleißen und 30 Millionen Mark Schulden machen. Ich werde schon nach meiner ersten Trainerentlassung in Frage gestellt.

Für alle bisherigen Trainerentlassungen waren recht junge Manager verantwortlich: in Hamburg Dietmar Beiersdorfer, in Köln Andreas Rettig und eben Sie. Werden die Neulinge in diesem Geschäft schneller nervös?

Das hat nichts mit dem Alter zu tun. Wie stellen Sie sich das denn vor: dass Christian Hochstätter zu Ewald Lienen geht und sagt: „So, du bleibst ab jetzt zu Hause“ – und erst danach das Präsidium informiert? Kein Manager trifft eine solche Entscheidung alleine.

Glauben Sie, dass es auch elegante Trainerwechsel gibt?

Sicher gibt es die: Wenn die Trainer aus ihrem Vertrag rauswollen, ist es meistens elegant. Wenn der Verein es will, ist es meistens nicht elegant. Das war in Gladbach so und in Hamburg auch. Aber Kurt Jara hat sich so verhalten, wie man sich als Trainer verhalten sollte. Natürlich ist er enttäuscht, aber ich habe nicht ein böses Wort von ihm gehört. Mit solchen Trainern kann man arbeiten.

Ewald Lienen hingegen hat sehr emotional reagiert. Ihr Präsidium soll Ihnen untersagt haben, sich zu seinen Vorwürfen zu äußern.

Das stimmt nicht. Ich weiß selbst, was ich zu tun und zu lassen habe. Ich glaube nicht, dass Christian Hochstätter über Ewald Lienen Müll ausgekippt hat. Das war eher umgekehrt. Und selbst darauf habe ich nicht reagiert, weil ich Verständnis dafür habe, dass der Ewald sauer ist. Was ich seltsam finde, ist, dass es jetzt heißt, ich hätte ihm die Zukunft verbaut. Ich war derjenige, der ihm überhaupt eine gegeben hat – weil ich ihm hier im März eine Chance gegeben habe.

Waren Sie überrascht von der heftigen Kritik?

Natürlich war das neu für mich. Die ganze Geschichte hat auch mein Privatleben belastet. Zumal mein erster Trainerwechsel hier …

… von Hans Meyer zu Ewald Lienen …

… einer war, bei dem uns alle dafür auf die Schulter geklopft haben, wie toll wir das gemacht haben. Und sechs Monate später soll derselbe Sportdirektor seinen Charakter verändert haben. Das ist ein bisschen komisch.

Das Gespräch führte Stefan Hermanns.

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