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Sport: „Es gibt keinen schöneren Beruf“

Skispringer Sven Hannawald über einen ungeplanten Urlaub, den ungewohnten Sprunganzug und den Vorteil einer Freundin

Am 28. November beginnt in Kuusamo die Saison, trotzdem sind Sie in der vergangenen Woche plötzlich in den Urlaub gefahren. Warum?

Ich war eine Woche mit meiner Freundin in Spanien, in der Nähe von Lloret de Mar. Ich musste mich ein bisschen erholen, weil ich gemerkt habe, dass ich körperlich noch nicht so dastehe, wie ich es gerne hätte.

Hat sich die Reise gelohnt?

Es war entspannend. Wir sind viel spazieren gegangen. Zum Schwimmen war es zu kalt, das liegt ja im Norden von Spanien.

Haben Sie dort auch trainiert?

Nein, ich habe extra eine Woche nichts gemacht, weil ich gemerkt habe, dass ich im Training überhaupt nicht hoch komme. Das war ziemlich heftig. Da habe ich mir gesagt: Lieber eine Woche Ruhe und dann wieder langsam anfangen.

Warum sind Sie noch nicht fit, Sie haben ja in dieser Saison keine Knieoperation zu verkraften wie im Vorjahr?

Wenn ich das wüsste. Im Vergleich zum letzten Jahr konnte ich diesmal mehr trainieren. Das ist, glaube ich, auch der Grund, warum ich jetzt so durchhänge.

Mit welchem Gefühl sehen Sie dem Saisonbeginn entgegen?

Ich wäre gelassener, wenn ich wüsste, dass die Form okay ist. Aber ich weiß, wie schön das Gefühl sein kann, vor vielen Zuschauern meine Sprünge zu zeigen. Es gibt keinen Beruf, der das nachahmen könnte.

Im letzten Jahr sind Sie beim ersten Springen in Kuusamo richtig abgestürzt und nur auf Platz 49 gelandet. Sollten Sie Kuusamo nicht lieber auslassen?

Auf jeden Fall möchte ich den Absturz nicht wiederholen. Damals war das Gefühl noch nicht da. Da kann man so viel trainieren, wie man will, wenn das Gefühl weg ist, kann man sich auch hinlegen.

Es gibt in dieser Saison einige Neuerungen für Sie. Eine davon ist der neue Anzug, der enger am Körper sitzt. Was halten Sie davon?

Das ist eine gewöhnungsbedürftige Entwicklung. Mit den alten Anzügen ist man nicht so schön rumgelaufen, weil der Schritt im Jenseits hing. Aber mir wäre es lieber gewesen, wenn nur der Schritt geändert worden wäre.

Was passt Ihnen denn nicht am neuen Anzug?

Die Maße sind so eng bemessen, da fühle ich mich nicht wohl. Ich muss aber auch sagen, dass es auch an meiner Form liegt. Wenn ich besser springen würde, käme ich wohl auch mit dem Anzug besser zurecht.

Wie wirkt sich der neue Anzug beim Springen aus?

Wir brauchen jetzt mehr Geschwindigkeit. Es wird gefährlich, wenn man weiter springt. Der Skiweltverband Fis muss sich jetzt wirklich an die Juryweiten halten. Man hat gesehen, dass der eine oder andere Probleme mit den Knien kriegt, wenn ein Sprung weiter geht.

Warum passiert das?

Durch die engeren Anzüge kommt man mit einem höheren Tempo zur Landung. In einem engen Radius sind dann die Kräfte viel höher, die auf die Knie wirken.

Fürchten Sie um Ihr operiertes Knie?

Ich bin froh, dass meines erst einmal hält. Aber man wird sich automatisch an die Juryweiten halten müssen. Man kann die Sportart nicht in eine Situation bringen, in der die Verletzungen zunehmen.

Ebenfalls neu ist, dass der Bundestrainer nicht mehr Reinhard Heß, sondern Wolfgang Steiert heißt. Was hat sich geändert?

Nicht viel. Ich trainiere jetzt öfters alleine, weil Wolfgang Steiert mehr Termine hat.

Ist das schwierig für Sie, weil Sie es gewohnt waren, dass Steiert als persönlicher Trainer immer für Sie da ist?

Das ist okay. Gerade in Zeiten, wie ich sie jetzt durchmache, ist es mir lieber, wenn ich meine Ruhe habe. Ich bin nicht so der Typ, der darüber reden will. Da backe ich lieber mein eigenes Brot.

Sie galten als jemand, der sich gegen Heß ausgesprochen hat. Wie ist Ihr Verhältnis zum ehemaligen Bundestrainer jetzt?

Ganz normal. Ich bin nicht der Revoltenführer bei seiner Ablösung gewesen, das hat die Presse so geschrieben. Ich habe mit Reinhard Heß mal telefoniert. Null Problemo.

Haben Sie sich ausgesprochen?

Ich habe ihn angerufen, und dann haben wir uns bei einem Lehrgang in Oberhof noch gesehen. Da haben wir alles ausgeräumt.

Reinhard Heß wollte weitermachen, doch einige im Verband und einige Springer plädierten für Steiert. Dieser hat keinen Hehl aus seinen Ambitionen gemacht.

Das tat er schon jahrelang. Es wäre ja komisch, wenn ein Nachwuchstrainer kein Ziel vor Augen hat und sich mit einer Zweitstelle zufrieden gibt.

Also hat sich die Ablösung abgezeichnet?

Ja, aufgrund des Alters von Reinhard Heß. Irgendwann wollen die Jüngeren nachrücken, egal ob das Wolfgang Steiert oder Andreas Bauer oder sonst wer ist.

Welche Ziele verfolgen Sie und Wolfgang Steiert?

Ganz klar, die Skiflug-WM und die Vierschanzentournee sind die beiden Highlights, auf die ich mich riesig freue. Ich hoffe, dass ich bis dahin fit werde.

Im letzten Jahr landeten Sie bei der Vierschanzentournee auf Platz zwei. Wäre es ein Erfolg, wenn Sie das wiederholen könnten?

Ich messe mich nicht an Erfolgen, die ich bei der Tournee schon gehabt habe. Es geht in jedem Jahr von Neuem los. Im Sommer hat man ja gesehen, dass die Konkurrenz aufgrund der neuen Anzüge viel enger zusammenliegt. Da muss man schon froh sein, wenn man wieder eine gute Rolle spielen kann.

Privat hat sich auch etwas geändert. Sie sind schon seit längerem mit Ihrer Freundin Suska zusammen. Sind Sie froh, dass sich damit die Suche nach einer Freundin erledigt hat, die manche Boulevardzeitungen betrieben haben?

Ich fand das eigentlich immer ganz witzig. Was für Aktionen da gestartet worden sind, damit sie eine Freundin für mich kriegen. Letztendlich entscheidet aber in dieser Sparte das Schicksal genauso wie im Sport. Und ich bin froh, dass mich das Schicksal getroffen hat.

Das Gespräch führte Benedikt Voi gt.

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