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Tore für Turin. Carlos Tevez will Juve ins Finale im eigenen Stadion schießen.

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Europa League: Juventus Turin will den Titel im eigenen Stadion

Juventus Turin dominiert die heimische Serie A, ist aber nicht der FC Bayern München Italiens – ein Erfolg in der Europa League soll wenigstens den Schein wahren. Heute soll Olympique Lyon geschlagen und am Ende das Finale im eigenen Stadion erreicht werden.

Es war wieder einmal eine Gemeinheit, die sich José Mourinho da leistete. „Wenn Juventus Turin die Europa League gewinnt, wäre das kein Erfolg“, lästerte kürzlich der Trainer des FC Chelsea, der einst Turins Rivalen Inter Mailand zum Triple geführt hatte. „Juves Mannschaft ist zusammengestellt, um die Champions League zu gewinnen.“

Nun lag die Bosheit dieser Worte nicht in der Herabwürdigung des zweitwichtigsten Europapokaltitels, der dieses Jahr im Turiner Juventus-Stadion vergeben wird. Es war eher die qualitative Überhöhung des Juve-Kaders, die dem Turiner Selbstbewusstsein auf Sicht schaden könnte.

Denn auch so hält man sich in Turin noch immer für eines der besten Teams Europas. In der Serie A dominiert der Rekordmeister ja auch wie sonst nur der FC Bayern in der Bundesliga. Doch sagt dies eher etwas über den Niedergang des italienischen Fußballs als über die Stärke der Turiner aus. Denn der gefühlte Champions-League-Sieger spielt am Donnerstagabend dann doch nur in der Europa League, im Viertelfinal-Hinspiel bei Olympique Lyon (21.05 Uhr/Kabel 1).

In Juventus Turin spiegelt sich der Abstieg des italienischen Fußballs wider

Ein Duell, das es vor einigen Jahren noch dienstags oder mittwochs gegeben hätte, nicht donnerstags. Der einstige französische Serienmeister spart sich nach fehlgeschlagenen Spielerinvestments mit einem Jugendkurs gesund. Den Italienern dagegen mangelt es nicht an Geld, eher am richtigen Maß. Mittelfeldspieler Arturo Vidal sprach zuletzt vom Champions-League-Sieg und davon, Weltfußballer des Jahres zu werden. Sportzeitungen wie „Tuttosport“ spekulieren wie zu besten Zeiten, wer Juve bald verstärkt: Mario Mandzukic vom FC Bayern, Angel di Maria von Real Madrid oder doch Edinson Cavani von Paris St. Germain?

Es sei bereits verraten: Keiner von ihnen wird im Sommer zu Juventus kommen und Vidals Träume werden unerfüllt bleiben, zumindest wenn der Chilene in Turin bleibt.

Denn die Realität sieht anders aus. Juves Regisseur Andrea Pirlo ist mit 34 Jahren gerade wieder Italiens Fußballer des Jahres geworden. Sinnbildlich ist auch der Turiner Toptorschütze Carlos Tevez: Mit 18 Treffern führt der Argentinier die Serie A an – im Europapokal wartet der 30-Jährige seit fünf Jahren auf ein Tor. Doch für die italienische Liga, seit der Jahrtausendwende von Platz eins der Uefa-Wertung auf Rang vier gefallen, reicht es noch. Da schickt sich Juve an, den dritten Meistertitel in Serie zu gewinnen. Das 0:2 im Spitzenspiel beim SSC Neapel am Sonntag war erst die zweite Niederlage in dieser Saison, zuvor blieb man ein halbes Jahr ungeschlagen. Der Vorsprung auf den Tabellenzweiten AS Rom beträgt acht Punkte.

Juventus Turin hat sich nach dem Zwangsabstieg schnell erholt

Der Skandalklub hat sich schnell erholt von den zwei aberkannten Meisterschaften und dem Zwangsabstieg vor acht Jahren. „Der Klub ist ein Drache mit sieben Köpfen“, sagte Trainerlegende Giovanni Trapattoni kürzlich, „schlägst du einen ab, springt ein neuer hervor.“ Turin ist der einzige Klub mit modernen Strukturen im Wirtschaftskrisenland Italien, besitzt als einziger ein modernes Stadion. Die Serie A dagegen stagniere, sei konzeptlos, klagte Juve-Patron Andrea Agnelli. In so eine Liga lassen sich keine Stars locken, auch wenn Turin wieder zu den zehn umsatzstärksten Klubs Europas gehört.

In der Champions League erhält Juves Selbstbild einige Kratzer. Nach dem deutlichen Viertelfinal-Aus gegen Bayern vor einem Jahr scheiterte Turin diesmal in der Vorrunde bei Galatasaray. Den Grund dafür suchte man im Istanbuler Schneehagel, nicht darin, dass man nur ein Gruppenspiel gewann, zu Hause gegen Kopenhagen. Nun soll ein Europa-League-Titel im eigenen Stadion die bella figura retten, den schönen Schein. Zumindest, wenn Mourinhos Mäkelei dann nicht mehr im Kopf herumspukt.

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