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Sport: Europameister im Organisieren

Im Rennen um die EM 2016 setzt sich Frankreich mit 7:6 gegen die Türkei durch

Am Freitagnachmittag brach Frankreichs Fußballwelt in Jubel aus. Von Staatspräsident Nicolas Sarkozy bis zu den kleinen Kickern in den Hinterhöfen der Vorstädte. Als der Präsident des europäischen Verbandes Uefa, Michel Platini, in Genf die Entscheidung des Exekutivkomitees bekanntgab, die Europameisterschaft Euro 2016 an Frankreich zu vergeben, ging ein französischer Traum in Erfüllung. Nach der Niederlage bei der Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012, die an London gingen, wünschten sich die Sportverantwortlichen in Politik, Verbänden und Klubs kaum etwas sehnlicher als ein großes Sportereignis, das die Massen zwischen Calais und Marseille fasziniert und Frankreichs Ansehen als eine führende Sportnation wieder festigt.

Die Chancen, sich gegen die Mitbewerber Italien und Türkei durchzusetzen, waren selten so günstig. Nach der bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika, der kommenden EM 2012 in Polen und der Ukraine sowie der 2014 folgenden Weltmeisterschaft in Brasilien sprach vieles für ein westeuropäisches Land. Da Italien auf Grund seines wenig überzeugenden Dossiers und der Geld- und Gewaltprobleme seiner Liga kaum Aussichten hatte, standen sich am Ende die Bewerbungen der Türkei und Frankreichs gegenüber. Beide Dossiers galten als gleichwertig, Frankreich ging jedoch mit Vorteilen, darunter der schon bestehenden Infrastruktur, den höheren Sicherheitsgarantien und den lukrativeren finanziellen Aussichten für die Uefa von schätzungsweise 500 Millionen Euro in die Ausscheidung.

Das größte Plus für Frankreich dürfte indes die Präsenz von Michel Platini, des Kapitäns der siegreichen französischen Mannschaft bei der Europameisterschaft 1984 in Frankreich, an der Uefa-Spitze gewesen sein. Einfluss auf die Entscheidung habe er nicht genommen, hieß es natürlich. Er habe sich ebenso zurückgehalten wie Senes Erzik, der türkische Uefa-Vizepräsident. Bei der Bekanntgabe der Entscheidung, die mit sieben gegen sechs Stimmen des Exekutivkomitees für Frankreich ausfiel, begnügte er sich damit, die Karte mit dem Namen des Siegers schweigend in die TV-Kameras zu halten. „Ich gebe zu, dass das kein einfacher Moment für mich war“, sagte Platini später. „Aber natürlich bin ich sehr glücklich.“

Anfang Januar war Platini von Nicolas Sarkozy zu einem Gespräch im Élysée-Palast empfangen worden. Der sportbegeisterte Präsident hatte die EM 2016 zu einer „nationalen Angelegenheit“ erhoben. „In Frankreich glauben wir, dass der Sport eine Antwort auf die Krise ist“, sagte er. „Und gerade weil es eine Krise mit ihren Problemen gibt, muss man ein ganzes Land für die Organisation großer Sportereignisse mobilisieren.“ Erstmals werden in sechs Jahren 24 statt wie bisher 16 Mannschaften um die EM-Trophäe spielen – ein Turnier von vier Wochen Dauer traute man wohl eher den Franzosen als den Türken zu. „Schade, uns ist eine Stimme entwischt“, sagte der türkische Präsident Abdullah Gül nach der dritten erfolglosen Bewerbung in Folge.

Sein Engagement will sich Frankreich viel kosten lassen. Auf 1,7 Milliarden Euro werden die Investitionen zum Aus- oder Neubau von Stadien veranschlagt, mit denen Frankreich seinen Rückstand gegenüber den großen Sportarenen in Spanien, England oder Deutschland aufzuholen hofft. Davon sollen 60 Prozent durch private Finanzierungen aufgebracht werden. Für die insgesamt 51 Begegnungen zwischen den 24 teilnehmenden Ländern sind Neubauten in Lille, Lyon, Bordeaux und Nizza geplant. Das soll 15 000 Arbeitsplätze in der Bauphase und 4 500 beim späteren Betrieb bringen.

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