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Sport: Europe is in Germany

Am Sonnabend startet die neue Saison der NFL Europe – fünf der sechs Mannschaften kommen aus Deutschland

Berlin - Michael Lang ist Extreme gewohnt. Der Manager von Berlin Thunder führt das Footballteam seit seiner Gründung 1998 und hat dabei Höhen und Tiefen gleichermaßen erlebt. Kein anderes Team in der NFL Europe schwankt so stark wie Thunder. Nach zwei letzten Plätzen in den Anfangsjahren folgten zwei Titel. Dann wieder ein letzter Platz und jüngst der dritte Titel gegen Frankfurt Galaxy. Jenem Team, gegen das Thunder an diesem Sonnabend mit einem Heimspiel im Olympiastadion die neue Saison beginnt.

„Wir hoffen, 17000 Zuschauer anlocken zu können“, sagt Lang. Das wäre mehr als bisher. Auch wenn es mit den Zuschauern bislang eher verhalten aufwärts geht, gehört Thunder mittlerweile zu den Erfolgsmodellen in der NFL Europe. „Die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen ist von Jahr zu Jahr dank guter Sponsoring-Ergebnisse immer weiter geschlossen worden“, sagt Lang. Sportlich ist Thunder ohnehin unvergleichbar erfolgreich. Nach drei Titeln in vier Jahren peilt Trainer Rick Lantz mit einem sehenswerten Kader die Stellung als alleiniger Rekordhalter an.

Der vierte Titel wäre ein Rekord in einer europäischen Footballliga, die kaum noch ihren Namen verdient. Nachdem die Hamburg Sea Devils den Platz der Scottish Claymores eingenommen haben, kommen fünf der sechs Mannschaften aus Deutschland. Das einzige Auslandsspiel für Frankfurt, Düsseldorf, Köln, Hamburg und Berlin findet bei den Amsterdam Admirals statt. „Wir glauben, die Platzierung eines neuen Teams in Hamburg bietet uns eine Chance zum Ausbau unserer Liga und zur Verbesserung unseres Geschäftsergebnisses“, sagt Ligachef Jim Conelly. Wichtigster Grund ist das höhere Medieninteresse bei der Konzentration auf Deutschland, ein weiterer waren die hohen Transport- und Hotelkosten der Teams. Hamburg ist eben doch näher an Frankfurt oder Berlin als Glasgow. Zudem haben schon die Hamburg Blue Devils früher in der Bundesliga 10000 Zuschauer angezogen.

Schneller Erfolg wird vom neuen Team nicht erwartet. Die Idee der NFL Europe ist langfristig angelegt. „Zu Beginn gibt es viele Posten, die viel Geld kosten und nichts einbringen“, sagt Tilman Engel. Der Manager von Galaxy gehörte auch zum Aufbaustab in Hamburg. Eine allzu schleppende Anlaufphase wie die Kölner, die schon unter besonderer Beobachtung stehen, kann sich das neue Team in Hamburg trotzdem nicht erlauben.

Ähnlich wie vor drei Jahren bei den Freezers im Eishockey, erhofft sich die NFLE beim Football in Hamburg einen Zuschauerboom. Damit soll der ständig sinkende Zuschauerschnitt der Liga gestoppt werden. Die Teameigentümer der US-Mutterliga NFL wollen nach dieser Saison über die Ligazukunft entscheiden. Die reichste Liga der Welt muss ihren Markt verbreitern, wenn sie weiter wachsen soll. Wer den Sport aus den USA weltweit verkaufen will, muss dort auch das Interesse wecken.

In Europa ist das in den vergangenen 15 Jahren nur in zwei Städten gelungen. In Frankfurt ist die Galaxy inzwischen populärer als die Fußballer der Eintracht. Und auch in Düsseldorf ist Rhein Fire das Sportteam Nummer eins, mehr als 40000 Zuschauer kommen zu den Spielen. Das macht sich finanziell bemerkbar. Beide Teams leben weitgehend von ihren eigenen Einnahmen – die Kosten für die Spieler ausgenommen. In den anderen vier Standorten war Football bisher ein Zuschussgeschäft. Rund 16 Millionen Euro steckt die NFL in eine Liga, die vorrangig als Ausbildungscamp für junge US-amerikanische Spieler ohne große Praxis dient. Die Sea Devils sind wohl der letzte Versuch, den Sport in Europa doch noch populär zu machen.

Ingo Wolff

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