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Durch den Monsun. In Asien braucht Bernie Ecclestone öfter mal den Schirm.

© dpa

Expansion nach Osten: Reisestress für die Formel 1- Teams

Bernie Ecclestones Expansionsgelüste in Asien bringen die Formel-1-Teams an ihre Belastungsgrenze. In den nächsten Wochen muss der Tross mehrmals um den halben Globus fliegen.

Bernie Ecclestone gibt die Richtung vor. „Seit Jahren sagte ich, die Welt bewegt sich nach Osten, nicht nach Westen“, sagt der Formel-1-Chefvermarkter. Der 79 Jahre alte Brite treibt die Expansion in alle Welt und vor allem Asien seit geraumer Zeit voran. Wurden bis vor drei Jahren nur vier Rennen pro Saison auf dem größten Kontinent der Erde ausgetragen, sind es in diesem Jahr schon sieben. Und im nächsten Jahr kommt noch eines dazu, wenn Ecclestones Glamourzirkus erstmals in Indien auftritt.

Für die Protagonisten der Formel 1 bringt die Kolonialpolitik ihres obersten Dienstherrn allerdings einige Unannehmlichkeiten mit sich. Dieses Wochenende in Singapur ist für sie der Beginn des großen Wahnsinns. Nach dem Nachtrennen am Sonntag folgen die Großen Preise in Japan und Südkorea, dann geht es auf die andere Seite der Welt nach Brasilien und dann sofort nach Abu Dhabi, wo eine Woche später das WM-Finale ansteht. Da wird nicht nur die Datums-, sondern wohl auch die eine oder andere Belastungsgrenze überschritten.

Die Fahrer haben es noch am einfachsten. Sie fliegen erstens in den meisten Fällen zumindest Business-, wenn nicht erste Klasse und können auf Limousine-Abholservice und Spitzenhotels zählen. Und zweitens haben viele eingeplant, auf jeden Fall zwischen zwei von den drei Asienrennen einen Urlaub in der Region einzulegen. Thailand und Bali sind die bevorzugten Ziele, Michael Schumacher will auf die Malediven. Einige fliegen allerdings auch zurück nach Europa. Nick Heidfeld etwa, den es zur Familie zieht, schließlich ist er im August gerade zum dritten Mal Vater geworden.

Vor allem Mechaniker und andere technische Mitarbeiter werden aber kaum die Zeit für einen Urlaub zwischendurch haben – der Wettkampf am Schraubenschlüssel geht schließlich weiter. Vor den Auswirkungen dieser Tortur haben viele jetzt schon Angst. „Die langen Flüge und die dauernden Zeitverschiebungen belasten schon gewaltig“, sagt Sauber-Teammanager Beat Zehnder. Hinzu kommt der rasende Wechsel durch die Zeitzonen dieser Welt: Zwischen Südkorea und Brasilien liegen zwölf Stunden, dann geht es innerhalb einer Woche in Abu Dhabi wieder sieben Stunden zurück. Richtiggehend kriminell wird es am Sonntagabend in Sao Paulo. Da müssen die Teams ihre Autos und das gesamte Material nach dem Rennen in die Container verpacken, am Montag steht ein 16-Stunden-Flug nach Abu Dhabi an, wo es sofort weitergeht an die Strecke zum Saisonfinale. Und das, nachdem die Mitarbeiter schon den ganzen Stress der Wochen vorher in den Knochen haben.

Vielleicht bietet sich aber noch ein bisschen mehr Zeit zur Entspannung. Es ist noch nicht hundertprozentig sicher, dass das Rennen in Korea überhaupt stattfinden kann. Die Strecke ist noch gar nicht fertig, die geplante endgültige Streckeninspektion wurde auf die kommende Woche verschoben. Grund: In dieser Woche war in Südkorea Nationalfeiertag – „und da bewegt sich dann eine Woche lang gar nichts“, wie ein Delegierter des Automobil-Weltverbands (Fia) leicht verärgert feststellen musste.

Es gibt also noch eine kleine Chance, dass den Teams die dreimalige Hin-und-Herfliegerei erspart bleibt. Denn auch wenn es offen keiner ausspricht, gibt der eine oder andere Mechaniker unter der Hand schon zu, dass er sich Sorgen um die Sicherheit macht. Nicht wenige beschleicht die Angst, aus Übermüdung und Überlastung vielleicht einmal einen Fehler zu machen, der dann böse Konsequenzen haben könnte. Sollte tatsächlich einmal etwas passieren, müssten sich die Verantwortlichen für solche Horror-Zeitpläne wohl einige Fragen stellen lassen. Wer das ist? „Ich kenne nur einen, der solche Kalender macht“, befindet Zehnder etwas sarkastisch. Und es ist klar, wen er meint: den Mann, dessen Finger Richtung Osten zeigt.

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