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Extremismus: Sportverbände starten neue Initiative gegen Rechts

Vereint gegen Rechtsaußen: Eine Reihe von deutschen Sportverbänden macht sich gemeinsam mit mehreren Bundesministerien gegen die Unterwanderung von Sportvereinen durch rechtsextremistische Organisationen stark.

Von Maris Hubschmid

Berlin - Niko ist zwölf Jahre alt, als Trainer Torsten ihn zum ersten Mal vor einem Samstagsspiel der D-Jugend beiseite nimmt. Unter Torstens Anleitung hat Niko es binnen kurzer Zeit zum Stammspieler im Sturm gebracht. Der Trainer ist ein Mentor, mehr noch: Vorbild für den Jungen. Den Blick auf den türkischstämmigen Abwehrspieler der gegnerischen Elf gerichtet sagt Torsten am Spielfeldrand zu Niko: „Wenn du den Kanaken richtig umnietest da hinten, wirst du Mannschaftskapitän.“

Diesen Niko gibt es nicht. Aber Kinder wie Niko, die in deutschen Sportvereinen vergleichbare Erfahrungen machen, gibt es durchaus. Immer wieder haben rechtsextreme Organisationen in der Vergangenheit versucht, Sportvereine mit ihrem Gedankengut zu unterwandern. Wo Abgrenzung und Kräftemessen zur Tagesordnung gehören, finden respektlose Parolen schneller Gehör.

Deshalb haben der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), die Deutsche Sportjugend (dsj) und der Deutsche Fußballbund (DFB) am Dienstagvormittag zur Pressekonferenz unter dem Titel „Foul von Rechtsaußen – Sport und Politik verein(t) für Toleranz, Respekt und Menschenwürde“ nach Berlin geladen. Gemeinsam mit Innen- und Jugendministerium haben sie dazu aufgerufen, entschiedener gegen rechtsextremistische Einflüsse im Sport vorzugehen. Ansätze dafür gibt es schon länger, künftig aber sollen die Aktionen für ein tolerantes Miteinander effektiver gebündelt werden. Es gelte, „Akteure aus Sport und Politik enger zu vernetzen“ sagte Innenminister Thomas de Maizière und verwies auf die große Zahl von rund 4,4 Millionen Jugendlichen zwischen 15 und 26 Jahren in deutschen Sportvereinen. Und dass Handlungsbedarf nach wie vor besteht, wenn nicht sogar wächst, das lehren die Ereignisse der letzten fünf Jahre: Zur WM 2006 hetzte die NPD gegen den dunkelhäutigen Nationalspieler Patrick Owomoyela. 2008 sahen sich jüdische Mitglieder eines Kreisligavereins gezwungen, eine Fußballpartie abzubrechen, weil sie von Spielern der gegnerischen Mannschaft antisemitisch beschimpft und bedroht worden waren. Im Oktober 2009 stürmten Neonazis ein Bezirksklassenspiel des RSV Brandis, griffen Fans des Klubs „Roter Stern Leipzig“ mit Eisenstangen an. Und seit im April 2010 ein 17-jähriger Jude in Sachsen-Anhalt von einem 20-Jährigen brutal zusammen geschlagen wurde ist bekannt, dass dessen langzeitiger Fußballtrainer Lutz Battke für die NPD im Kreistag sitzt.

Am größten ist das Problem in den Fußball-Amateurligen. Das Konzept der Initiatoren sieht deshalb unter anderem vor, ehrenamtliche Helfer gezielter zu schulen und auf den Sport zugeschnittene Informations- und Beratungsangebote zu schaffen. DFB-Präsident Theo Zwanziger mahnte aber, vor allem die Vereine selbst müssten sich für das Geschehen in ihrem Umfeld stärker verantwortlich zeigen. Und Innenminister Thomas de Maizière erklärte: „Eine Mannschaftreise nach Israel bewirkt mehr als ein Fernsehspot.“

Beispiele wie diese kamen von den Rednern im Umweltforum der Friedrichshainer Auferstehungskirche zwar nur wenige. In Workshops mit Teilnehmern aus Sport und Politik sollten aber noch am Dienstag nach der Veranstaltung erste Handlungsanweisungen erarbeitet werden. Und als Tenor dieses Auftakts wurde eines überaus deutlich: Es braucht mehr als die symbolische Rote Karte gegen Rechts.

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