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Hochspringerin Ariane Friedrich ist Stalker leid: Auf ihrer Facebook-Seite postete sie die E-Mail eines namentlich genannten Mannes, der ihr ein Foto seines Geschlechtsteils angeboten haben soll.

© dpa picture alliance

Update

Facebook-Pranger: Stalker könnte Ariane Friedrich verklagen

Das Leichtathletik-Ass Ariane Friedrich hat den Namen eines vermeintlichen Stalkers auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht. Fans reagierten unterschiedlich auf das Outing: Es gab viel Zuspruch - aber auch Kritik. Ein Schuldiger hat rechtlich genauso viel Anspruch auf Privatsphäre wie ein Unschuldiger.

Die deutsche Hochsprung-Rekordhalterin Ariane Friedrich wird für ihr „Zwangs-Outing“ eines zudringlichen Fans mehr und mehr kritisiert. Die 28-Jährige hatte Name und Wohnort eines Stalkers auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht, nachdem dieser ihr eine extrem obszöne Mail geschickt hatte. Juristen beurteilen Friedrichs Vorpreschen kritisch – sie hat damit die Persönlichkeitsrechte des Täters verletzt. Der Beschuldigte wohnt in einem kleinen Ort, seine genaue Adresse und Fotos von ihm lassen sich mühelos im Internet finden. „Ein Schuldiger hat zunächst das gleiche Recht auf Privatsphäre wie ein Unschuldiger. Frau Friedrich dürfte die persönlichen Angaben des Absenders der Mail unabhängig von seiner Schuld nicht veröffentlichen – noch dazu, bevor sie überhaupt Anzeige erstattet hat. Es sei denn, an der Straftat bestünde ein besonderes öffentliches Interesse – und das ist hier wohl nicht der Fall“, sagt Siegfried Klaue, Experte für Medienrecht an der FU Berlin.

Der Stalker könnte Ariane Friedrich auf Unterlassung und Schadensersatz verklagen – auch wenn er für seine Mail verurteilt würde. „Ich halte die Idee, Täter öffentlich an den Pranger zu stellen für falsch, weil durch eine solche Veröffentlichung leichtfertig ein ganzes Leben zerstört werden kann“, sagte Artur-Axel Wandtke von der Berliner Humboldt-Universität. Friedrich, eine ausgebildete Polizistin, begründete ihr Verhalten auf ihrer Facebook-Seite: „Ich wurde in der Vergangenheit beleidigt, sexuell belästigt, und einen Stalker hatte ich auch schon. Es ist Zeit zu handeln, es ist Zeit, mich zu wehren.“ Ihre Fans streiten seitdem, ob diese Form von Selbstjustiz gerechtfertigt ist.

Mehr als 2000 von ihnen klickten: „Gefällt mir“, sie hinterließen über 400 Kommentare. Viele Facebook-Nutzer loben Friedrichs „Internet-Pranger“ – aber immer mehr kritisieren ihr Verhalten als überzogen. Was, wenn der angebliche Absender in Wahrheit unschuldig ist? „Wenn ich jemandem mal richtig eins reinwürgen wollte, dann melde ich einfach eine Emailadresse unter dem Namen des Opfers an, lade ein Nacktbild von irgendwem aus dem Internet runter und schicke es Ihnen. Sie werden dann mit Gewissheit für seine gesellschaftliche Vernichtung sorgen“, kommentiert ein Nutzer. Friedrich, die gerade für ihr Comeback nach einem Achillessehnenriss trainiert, habe wohl „nichts aus dem Fall Emden“ gelernt, schrieb ein anderer. Vor kurzem wurde auf Facebook zu Gewalt gegen einen 17-jährigen festgenommenen Mordverdächtigen aufgerufen – bis ein Mob vor der Emdener Polizeiinspektion stand. Kurz darauf stellte sich heraus: Der Verdächtige war unschuldig.

Ariane Friedrichs Manager und Trainer Günter Eisinger bestätigte den Vorgang um den Stalker der Nachrichtenagentur dpa, sagte aber: „Das Thema hat nichts mit der Öffentlichkeit zu tun.“ Eisinger befürchtet, dass sich der Vorfall störend auf die Olympia-Vorbereitung seiner Athletin auswirkt. Zuletzt war das Erfolgsduo 17 Tage lang im Trainingslager in Pretoria/Südafrika. „Das Training läuft wunderbar, aber Ariane muss das erst wieder umsetzen und den Kopf frei haben“, meinte Sportlehrer Eisinger. „Wir können keine Stressfaktoren gebrauchen.“

Nach einem Achillessehnenriss feierte die 2,06-Meter-Springerin nach langer Zwangspause erst in dieser Hallensaison ihr Comeback, hatte aber noch Mühe, Anschluss an die Weltklasse zu finden.

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