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Sport: Fäuste der Volksmusik

Da sage noch einer Frauenboxen sei blöd. Genaugenommen ist Frauenboxen das ganze Gegenteil davon, es ist en vogue.

Da sage noch einer Frauenboxen sei blöd. Genaugenommen ist Frauenboxen das ganze Gegenteil davon, es ist en vogue. Mehr als sechs Millionen Menschen haben zugeguckt, als Regina Halmich Samstagnacht ihren 44. WM-Kampf bestritt. Wahnsinn.

Als Halmich vor zwölf Jahren anfing, wurde sie belächelt. Was noch das Angenehmste war. Die Masse ignorierte Frauenboxen, der Rest wandte sich mit Abscheu ab. Blutige Frauengesichter – pah, das passte so wenig zusammen wie nasenverklammerte Mannsbilder im Synchronschwimmbecken.

Halmich ließ sich nicht aufhalten. Sie boxte weiter, sie verteilte fleißig blutige Nasen und steckte Feilchen ein. Mit der Zeit verdrängte sie die schwächelnden männlichen Kollegen ins Rahmen- und Vorprogramm. Heute prangt sie in voller Pracht von den Boxplakaten. Sie bestreitet Hauptkämpfe, füllt große Hallen und lockt mehr Leute vor den Fernseher als ein Tatort. Halmich ist ein boxender Quotenbringer.

Dass das Frauenboxen qualitativ besser wurde, ist dabei sogar nebensächlich. Die wenigsten gucken zu, weil sie tolles Boxen sehen wollen. Halmichs Kämpfe sehen Leute, die der Experte Werner Schneyder einst bei Maske-Kämpfen als Boxskeptiker bezeichnet hatte, also Menschen, die mit Boxen eigentlich nicht so viel am Hut haben. Sie kennen Halmich auch aus Talkshows, ihnen gefällt die Inszenierung des Boxens. Vermutlich sind es dieselben Leute, die sich regelmäßig den Musikantenstadl oder die Volksfeste der Volksmusik antun. Damit wir nicht falsch verstanden werden: Regina Halmich bringt sehr gute Leistungen im Boxring, aber in der öffentlichen Wahrnehmung ist sie längst mehr. Sie ist die Stefanie Hertel des Boxens.

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