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Fankultur: Scheißliberal: Der Hertha-Strampler

Wenn ein Fußballfan eines nicht ist, dann liberal. Stefan Hermanns über Vereinsliebe, die über Generationen vererbt wird.

Der Kollege H. ist vor kurzem Vater geworden, Vater eines Sohnes. Aus diesem freudigen Anlass hat sich die Sportredaktion nicht lumpen lassen und ihm einen Strampelanzug von Hertha BSC geschenkt. Abgesehen davon, dass selbst das süßeste Baby in einem Strampler mit Vereinslogo ziemlich panne aussieht – der Kollege H. ist Schalke-Fan. Seltsamerweise hat er sich trotzdem sehr gefreut, weil er seinem Sohn nämlich niemals vorschreiben wolle, an welchen Verein der sein Herz zu hängen habe. Eine scheißliberale Einstellung ist das, oder, um es mal mit einem Lieblingsausdruck des Kollegen H. zu bezeichnen: Studentenquatsch.

Wenn ein Fußballfan eines nicht ist, dann liberal. Es gilt ihm als Horror schlechthin, „dass mein Sohn einmal Bayern-Fan wird“. So wie der Fortpflanzungstrieb des Mannes angeblich dem instinktiven Wunsch folgt, seine Gene weiterzutragen, so will auch jeder echte Fußballfan die Liebe zu seinem Verein in die nächste Generation hinüberretten. Ich selbst bin mit sieben Fan von Borussia Mönchengladbach geworden – genauso, wie mein Vater es war und auch schon dessen Vater. Und machen wir uns nichts vor: Natürlich schafft die Liebe für ein und denselben Verein eine Verbindung, die selbst die üblichen Vater-Sohn-Konflikte überdauert.

Ich bin nie mit meinem Großvater beim Fußball gewesen, aber ein Jahr, bevor er starb, hat mein Vater für ihn und sich Tribünenkarten für das DFB-Pokal-Halbfinale gegen Werder Bremen besorgt. Mein Vater saß damals nie auf der Tribüne, schon deshalb muss es für ihn ein ganz besonderes Spiel gewesen sein. Ich wünschte, er hätte mich mitgenommen.

Stefan Hermanns schreibt an dieser Stelle im Wechsel mit Philipp Köster - normalerweise. Zunächst antwortet der Kollege H.

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