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Sport: Fans erster Klasse

Die Anhänger von Tennis Borussia reformieren ihren Verein

Berlin. Im Mommsenstadion hing vor einigen Monaten ein großes Transparent. „Für die Welt seid ihr irgendwer – für uns seid ihr die Welt!“ Das hatten Fans auf das Laken gemalt – eine Liebesbekenntnis an ihren Klub, an Tennis Borussia.

Vor zweieinhalb Jahren spielte TeBe noch im Profifußball, heute ist es die viertklassige Oberliga. Was ist TeBe geblieben, jetzt, wo keiner mehr seine Millionen in den Klub steckt? Wenig. Eigentlich nur die Fans. Und die werden am Donnerstag bei der Jahreshauptversammlung ihren Verein reformieren. Neben den Abteilungen Fußball, Tennis oder Boxen soll es nun eine weitere geben – die Abteilung „Aktive Fans“. So viel Macht gestehen nur wenige Klubs den Fans zu, etwa der Bundesligist Hamburger SV.

„Es bringt nichts, wenn die Leute Eintritt zahlen, brüllen, und erst in zwei Wochen wiederkommen“, sagt Hagen Liebing. Der TeBe-Fan kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit der Abteilung. Liebing war früher Bassist der Berliner Punkrockband „Die Ärzte“. Heute ist er Journalist beim Stadtmagazin „Tip“. Wenn die Fans Mitglied in der Fan-Abteilung sind, treten sie automatisch in den Verein ein. Bei einem Potenzial von 200 Fans und einem Jahresbeitrag von 70 Euro kämen etwa 14 000 Euro in die Vereinskasse. „Wir wollen damit keine Fanparty organisieren, sondern dem Verein gezielt helfen“, sagt Liebing.

Die nächste Reform soll im Frühjahr stattfinden. Dann soll der Aufsichtsrat erweitert werden. Die Fans stellen ihren Kandidaten: TeBe-Fan Martin Braun, Jurist und Mitarbeiter des Finanzministeriums in Brandenburg.

„Wir wollen TeBe nicht aufmischen“, sagt Braun. „Wir wollen uns stärker einbinden.“ Denn: „Die Zeit der Göttinger Gruppe ist vorbei.“ Der Finanzdienstleister hatte in den Neunzigerjahren bei TeBe die Macht übernommen, investierte Millionen und verpasste dem Klub so das Image einer Betriebssportgruppe. Jetzt holen sich die Fans ihren Verein zurück. Sie produzieren das Stadionheft, die Vereinschronik, ein Fanmagazin („Lila-Laune“) und stellen den DJ im Stadion. Der jetzige Vorstand wird in den kommenden Wochen Gespräche über die Erweiterung der Aufsichtsrates führen. Der Fan im Aufsichtsrat „könnte eine Art Dolmetscher sein“, sagt Braun. Außerdem könnte er „Etat-Lücken erkennen“. Im Frühjahr war der Klub nicht in der Lage, einen Lizenzantrag für die Regionalliga zu stellen. Vielleicht können die Fans auch ein paar Missverständnisse ausräumen: Als die jüngeren Fans aus Spaß mit einer UdSSR-Fahne im Stadion herumwedelten, waren die älteren Anhänger im Mommsenstadion doch irritiert gewesen.

André Görke

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