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Fans fragen - Favre antwortet: "Querstreifen auf Trikots finde ich unmöglich"

Hertha-Fans und User von Tagesspiegel.de haben Lucien Favre viele Fragen übermittelt. Hier antwortet der Hertha-Trainer exklusiv zu den neuen Trikots, der Taktik der Zukunft und zum Weggang von Marko Pantelic.

Selten gab es solche Resonanz auf unserer Internetseite wie bei der Aktion „Fragen für Favre“. Viele Fans und Leser nutzten in den vergangenen Tagen die Gelegenheit, den Trainer von Hertha BSC zu fragen, was sie schon immer von ihm wissen wollten. Zehn Fragen sollten es sein, aber Lucien Favre hat wegen der hohen Beteiligung noch einmal aufgestockt. Hier sind nun 13 Antworten von Lucien Fave auf 13 von Ihnen gestellte, von der Tagesspiegel-Sportredaktion ausgewählte und von Reporter Sven Goldmann übermittelte Fragen. Und die Debatte kann weitergehen.


Herr Favre, haben Sie oder die Mannschaft eigentlich Mitspracherecht bei der Layoutauswahl der Trikots? Mal Hand aufs Herz: Die neuen Trikots sind ja nicht wirklich eine Augenweide, da waren sogar die Heim-Schlafanzüge der letzten Saison besser.
(Q1973)

Die Auswahl der Trikots fällt natürlich nicht in meinen Verantwortungsbereich, das ist Sache unseres Ausrüsters. Ich finde die neuen Trikots okay. Längsstreifen sind doch schick, nur Querstreifen finde ich unmöglich.

Lesen Sie oder andere bei Hertha unsere Kommentare? (monitor)

Der Kontakt zu den Fans ist uns wichtig, und natürlich auch deren Meinung. Selbstverständlich sind wir auch regelmäßig im Internet unterwegs, um uns ein Bild davon zu machen, wie unsere Arbeit bei der Basis ankommt. Wir sind ja nicht so abgehoben, dass wir in einem Elfenbeinturm leben. Auch ich verfolge, was in den Fanforen diskutiert wird. 

Wie erklären Sie es den Fans, dass Sie lieber mit dem unbeliebten Artur Wichniarek als mit dem sehr beliebten Marko Pantelic zusammenarbeiten? (plasterix)

Das kann und will ich so nicht stehen lassen. Artur ist ein großartiger Junge und ein sehr guter Fußballspieler, der genau in mein System passt. Ich habe Hochachtung davor, dass er den Mut hatte, noch ein zweites Mal nach Berlin zu kommen, nachdem es ja beim ersten Mal nicht so gut geklappt hat. Er wusste um die kritische Einstellung mancher Fans und hat sich trotz anderer Angebote der Herausforderung bei Hertha gestellt. Das verdient doch Respekt, oder? Nebenbei: Artur Wichniarek verdient zehnmal weniger als Marko Pantelic, der einen Siebenjahresvertrag wollte und so viel Gehalt, das wage ich gar nicht zu sagen.

Mit dem Weggang von Marko Pantelic, Andrej Woronin und vor allem Josip Simunic ist nicht nur fußballerische Qualität verloren gegangen, auch die Hierarchie in der Mannschaft ist gehörig durcheinander. Sehen Sie hier ein Problem, oder ist es für Sie vielleicht sowieso keines, weil für Sie das System über dem Teamspirit steht?
(apo)

Ich sehe in unserer Mannschaft überhaupt kein Hierarchieproblem. Hierarchien werden nicht definiert, sie bilden sich heraus. Dafür braucht man Führungsspieler, aber nicht nur in der Zeitung, sondern auf dem Platz. Führungsspieler müssen für die anderen ein Vorbild sein, technisch, taktisch, mental und physisch. Nur wer auf all diesen vier Feldern vor allen anderen steht, ist ein richtiger Führungsspieler.

Warum greifen Sie nicht auf die Jugend zurück – und wie viele Talente hat Hertha, die in den nächsten drei Jahren das Potenzial haben, sich in die erste Elf zu spielen?
(barryblue/ r.ballutschinski)

Man muss Geduld haben mit den jungen Leuten. Der Vergleich mit der früheren Generation um Ashkan Dejagah, Sejad Salihovic oder den beiden Boatengs bringt doch nichts. Als ich im Sommer 2007 nach Berlin gekommen bin, war von denen doch kaum noch einer da. Momentan haben wir ein paar gute Jungs dabei, die einiges für die Zukunft versprechen. Aus dieser Viererbande haben Lennart Hartmann und Fanol Perdedaj im Augenblick eine Nasenlänge Vorsprung auf Sascha Bigalke und Shervin Radjabali-Fardi.

Warum war Hertha in der letzten Saison bei den Standards so schlecht? Wurde das nicht ausreichend trainiert?
(noblackhat)

Unser Training ist ja zum großen Teil öffentlich, jeder kann sich gern davon überzeugen, dass wir in jeder Trainingseinheit auch Standards im Programm haben. Übrigens haben wir in den Testspielen gegen Ferencvaros Budapest und Bursaspor alle vier Tore aus Standardsituationen heraus erzielt.

Warum wurde in den letzten beiden Spielen der vergangenen Saison gegen Schalke und in Karlsruhe so defensiv gespielt? (s.theile)

Pardon, aber diese Einschätzung kann ich nicht teilen. Wir haben gegen Schalke und Karlsruhe genauso gespielt wie gegen Köln oder Hoffenheim. Nur haben wir unsere Torchancen leider nicht genutzt. Gegen Schalke hatten wir ein Chancenverhältnis von 6:0, viel mehr kann man gegen eine Mannschaft dieser Qualität kaum machen. Und in Karlsruhe hätten wir schon nach einer Viertelstunde 2:0 führen müssen. Allein Marko Pantelic hat drei klare Chancen ausgelassen.

Könnten Sie sich für die Linksverteidigerposition eine ähnliche Variante wie mit dem ehemaligen Stürmer Lukasz Piszczek auf der rechten Seite vorstellen? Ist nicht der vor Einsatzwillen brennende Amine Chermiti ein Kandidat für eine solche Möglichkeit? (joth)

Auf gar keinen Fall. Piszczek ist ein offensiver Verteidiger, Chermitis Zukunft sehe ich allein im Sturm.

Zu Beginn Ihrer Amtszeit bei Hertha kommunizierten Sie, dass Sie das 4-4-2-System mit einer flachen Vier im Mittelfeld bevorzugen. Welche taktische Grundausrichtung können wir in der kommenden Saison erwarten?
(ruby)

Dazu kann ich schlecht etwas sagen, solange die Transferperiode noch läuft. Natürlich wollen wir die Mannschaft noch ergänzen und verstärken, und unsere taktischen Möglichkeiten hängen nun mal davon ab, welche Spieler wir noch für Hertha gewinnen können. Die Mannschaft wird auf jeden Fall mit einer Viererkette spielen, sie beherrscht die Systeme 4-4-2 und 4-3-3. Darauf kann man sich für die kommende Saison einrichten.

Würden Sie das Olympiastadion gegen ein echtes Fußballstadion eintauschen?
(r.ballutschinski)

Auf keinen Fall. Ich mag das Olympiastadion, es hat etwas eigenes, Unverwechselbares. Wo sonst findet man denn so ein Stadion? Und was die angeblich langweilige Atmosphäre betrifft: Unsere Fans haben in der letzten Saison gezeigt, welche fantastische Stimmung sie ins Olympiastadion zaubern können. Natürlich wollen wir so etwas auch in der neuen Saison erleben.

Berlin ist finanzschwach, aber reich an Kultur. War das ein Grund nach Berlin zu gehen? (cicorocuu)

Nein, mein Wechsel zu Hertha hatte allein sportliche Gründe. Aber natürlich genieße ich das kulturelle Angebot der Stadt. Ich habe zwar wegen meiner Verpflichtungen bei Hertha nur wenig Zeit, aber es reicht schon, um mit meiner Frau mal ins Konzert gehen. Berlin ist wirklich in jeder Beziehung eine fantastische Stadt!

Herr Favre, wo sehen Sie Hertha und wo sich selbst in fünf Jahren? (Jenner-HI)

Hertha wird in fünf Jahren eines der besten Teams in Deutschland haben. Und ich werde immer noch als Trainer arbeiten, am liebsten in Berlin als Teil dieser Erfolgsgeschichte, an die ich fest glaube.

Würden Sie mit Hertha auch in die Zweite Liga gehen?

Nein, weil das nicht passieren wird.

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