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Sport: Fasten und siegen

Nicht nur Handballprofi El Fakharany sucht im Ramadan die Balance zwischen Glauben und Körper

Berlin - Wenn Franck Ribéry in diesen Tagen hervorragend Fußball spielt, dann ist das vielleicht eine noch größere Kunst als ohnehin schon. Denn der Profi von Bayern München spielt unter erschwerten Bedingungen. Am Freitag hat der Fastenmonat Ramadan begonnen, und gläubige Muslime verzichten in dieser Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang aufs Essen, Trinken und Rauchen. Ribéry hat einen Weg gefunden, wie er seinem Glauben folgt, aber auch noch den Bedürfnissen seines Körpers: „An freien Tagen werde ich fasten. Wenn ich spiele, dann nicht.“

Nicht alle muslimischen Leistungssportler tun sich damit so leicht wie er. Das hat der Handball-Bundesligaklub Füchse Berlin jetzt erfahren. Dessen ägyptischer Profi Hany El Fakharany hielt sich, wie berichtet, in den ersten Tagen des Ramadan streng an die religiösen Vorschriften. Mit dem Ergebnis, dass ihm im Bundesligaspiel am Sonntag gegen Großwallstadt in den letzten zwanzig Minuten die Kräfte ausgingen, denn es begann bereits um 17 Uhr, also weit vor Sonnenuntergang und damit vor der Möglichkeit, etwas zu essen und zu trinken. Aber sportliche Höchstleistung setzt eine ausreichende Versorgung voraus.

Darüber hat auch Jürgen Böhle mit seinen Fußballern gesprochen, er ist Mannschaftsarzt des Zweitligaklubs 1. FC Köln, bei dem auch fünf Muslime unter Vertrag sind: „Normalerweise sollte bereits vor dem Spiel etwa ein Liter getrunken werden und noch einmal ein halber bis ganzer Liter in der Halbzeitpause.“ Ein nicht ersetzter Verlust von Flüssigkeit führt zu spürbaren Leistungseinbußen, gleichwohl sagt Böhle: „Gesundheitsschäden kann der Ramadan nicht hervorrufen, denn der Leistungsabfall ist auch eine Art Schutz des Körpers vor möglichen Schäden.“ Zwei der fünf Muslime in der Kölner Mannschaft verzichten aus sportlichen Gründen aufs Fasten, weil ihnen die Belastung mit zwei Trainingseinheiten am Tag ohne Trinken zu hoch ist, drei halten sich streng an das religiöse Gebot. „Wir haben mit unseren Spielern gesprochen und ihnen gesagt, dass wir nicht begeistert sind, aber ihre Entscheidung natürlich respektieren und einen Weg finden werden“, sagt Böhle.

Ein solches Gespräch haben auch die Füchse Berlin mit El Fakharany hinter sich, geführt haben es Trainer Jörn-Uwe Lommel und Manager Bob Hanning. Mit einer für alle zufriedenstellenden Lösung. „Hany hat mir versprochen, dass er vor den Spielen trinken und essen wird“, sagt Hanning. Er habe ihn auch an dessen vertragliche Verpflichtungen erinnert. „Ich habe ihm auch gesagt, dass seine Religion zudem bestimmt möchte, dass er sein Land gut vertritt“, sagt Hanning.

Der Berliner Trainer Lommel hat schon etwas mehr Erfahrung mit dem Ramadan, er war zuvor ägyptischer Nationalcoach. „Im Ramadan habe ich mindestens zwei Wochen freigemacht. Ein zielgerichtetes Training hätte doch kaum Sinn gemacht“, erinnert er sich. Während in Ägypten der gesamte Sportbetrieb auf den Ramadan eingestellt war, müssen Lommel und El Fakharany in Berlin nun mit anderen Voraussetzungen zurechtkommen, auch mit dem späteren Sonnenuntergang.

Erfahrungen in beiden Kulturen hat ebenfalls Wolfgang Sidka gesammelt. Der frühere Bundesligaprofi von Hertha BSC hat mehrere Jahre als Fußballtrainer in Bahrain und Katar gearbeitet. „Wir haben dort eben erst um 20.30 Uhr trainiert. Auch die Spiele haben erst so spät angefangen“, erzählt Sidka. Der ganze Tagesablauf sei durch den Ramadan umgestellt worden. Nach Sonnenuntergang, also nach 17 Uhr hätten die Spieler erst mit ihrer Familie zusammen gegessen und etwas getrunken. „Dann haben wir ihnen noch Zeit zum Verdauen gegeben und dann mit dem Training begonnen“, sagt Sidka. Nach Training oder Spiel hätten die Spieler dann noch einmal mit ihren Familien zusammengesessen. „Da wurde die Nacht zum Tag“, sagt Sidka, „aber große Leistungseinbußen habe ich in dieser Zeit bei der Mannschaft nicht bemerkt.“ Inzwischen trainiert er den Verbandsligaklub Berliner SC und hat vier Muslime in der Mannschaft. „Wir trainieren auch vormittags und ich habe sie gefragt, ob sie nicht wenigstens etwas trinken wollen“, erzählt Sidka. „Das haben sie aber abgelehnt. Abends waren sie ganz schön platt.“ Im nächsten Punktspiel haben seine muslimischen Fußballer nun angekündigt, etwas zu trinken. Sidka will sie auch ein bisschen schonen. „Vielleicht wechsle ich sie gegeneinander in der Halbzeit aus.“

Fast alle Spieler sind vom Ramadan zum Beispiel beim SC Al Quds betroffen, einem Berliner Klub aus der Kreisliga A. Vereinsvorsitzender Nader El-Kassem, dessen Wurzeln in Palästina liegen, sagt: „Durch Disziplin kann man einiges ausgleichen.“ Die Psyche sei wichtig, sagt El-Kassem, „aber zwei Liter am Tag muss der Körper mindestens aufnehmen“. Ein Dogma gebe es nicht. „Jeder muss sein Verhalten mit sich selbst ausmachen.“

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