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In Triple-Laune

© ddp

FC Bayern: Moral, die strahlt

Die Bayern sind nach dem 1:0-Sieg gegen Lyon in der Laune, drei Titel zu gewinnen. Aber die Offiziellen geben sich noch erstaunlich zurückhaltend.

Der eine Star ist stinkig ob seiner Auswechslung und verweigert dem Trainer den Handschlag, wohl in dem nicht ganz unbegründeten Glauben, seine bestechende Form reiche noch zu einem zweiten Tor. Der andere Star verlässt vor Schlusspfiff mit der Gemahlin an der Seite die Arena, wohl aus dem nicht ganz unverständlichen Wunsch heraus, keine Fragen zu seinem leicht lotterhaften Liebesleben und zu seinem Platzverweis beantworten zu müssen. Das sind Affronts, die anderenorts und zur anderen Zeit schon der Karriere von gestandenen Nationalspielern, nicht wahr, Kevin Kuranyi, eine Auszeit verschafften. Beim FC Bayern München dieser Tage zaubert der Groll von Arjen Robben, für den er sich anderntags entschuldigte, und die Flucht Franck Ribérys den Chefs nur ein nachsichtiges Lächeln ins Gesicht. „Es ist alles in Ordnung“, sagte Präsident Uli Hoeneß nach dem 1:0 im Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen Olympique Lyon, „das war alles okay.“

Am anderen Morgen, auf dem Trainingsgelände an der Säbener Straße, das gleiche Bild: Strahlemänner allüberall – na ja, solche notorischen Zuschauer wie Nationalstürmer Miroslav Klose strahlen nicht ganz so breit, aber das ist eine andere Geschichte und die trübt derzeit auch nur Kloses Gemüt. Passend hat irgendwer, vielleicht Hoeneß, vielleicht Trainer Louis van Gaal, Frühlingssonne befohlen, und die strahlt auch, strahlt herunter auf die Fans am Rande – es mögen 400 gewesen sein, 500, es ist Donnerstag, es ist elf Uhr –, die gut gelaunt warten auf die Helden an Platz Eins, die dann in Gesamtstärke hinüberwandern zum Aufwärmplatz am anderen Ende des weitläufigen Geländes und sich nicht stören an der Sprinkleranlage, die unvermutet auf Platz Eins anspringt und die Pilgerschar gleich mitbenetzt. Philipp Lahm läuft gemütlich aus, plaudert dabei mit Daniel van Buyten, was lustig aussieht, weil der kleine Lahm immer ein wenig hüpfen muss, um den großen Kollegen akustisch zu erreichen, Arjen Robben trottet stoisch hinterher, Robben ist der, der am Mittwoch in der 69. Minute aus 25 Metern, na Sie wissen schon, er ist es ja immer. Und Pierre Littbarski, der Nationalspieler vergangener Tage, lehnt dabei an einem Pfosten – er absolviert gerade ein Praktikum beim Meister van Gaal – und schaut, als wolle er nicht glauben, dass Fußball so unbeschwert sein kann. Er kann. „Wenn die Mannschaft mit so einer Moral auftritt, kann sie Berge versetzen. Was sie da seit Wochen leistet, ist überragend“, sagt Uli Hoeneß.

Auch in Unterzahl klar überlegen

Das Lob der Moral bezieht sich auf den Auftritt der Mannschaft nach dem Platzverweis gegen Ribéry. Der hatte erst gezaubert und gewirbelt und dann in der 37. Minute rüde Lisandro Lopez getreten. Für ein paar Minütchen war das Team aus seiner Souveränität gebracht, und spielte anschließend Lyon weiter an die Wand. Die Franzosen haben immerhin in der Gruppenphase in Liverpool gewonnen und danach Real Madrid ausgeschaltet. Und plötzlich wispert es in München, am Trainingsgelände, in den Straßen, unüberhörbar: Triple. Jene Sammlung aus DFB-Pokal, für den bedarf es nur eines Finalsieges über Werder Bremen, aus der Meisterschale, für die wäre ein Sieg am Samstag in Mönchengladbach fast schon vorentscheidend, und aus dem großen Henkelpott der Champions League.

Die Offiziellen wispern nicht. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge warnt vor zu viel Euphorie, Hoeneß sagt, er glaube nicht daran, vielleicht ans Finale, aber dann sei wohl Schluss. Beide Statements wirken eher wie die Bitte, es nicht zu beschreien, als überzeugt.

Trainer van Gaal denkt möglicherweise anders: „Normalerweise machen wir immer ein Tor – und dann wird es sehr schwer für Lyon im Rückspiel, dann müssen sie schon drei machen.“ Die Aussage beinhaltet mehr als nur den Nachweis van Gaals, die Grundrechenarten zu beherrschen. Denn wer am Mittwoch wie die 66 000 in der ausverkauften Arena sah, welche Mühe es Lyon im zweiten Abschnitt und nach Gelb-Rot für Toulalan bereitete, es überhaupt einmal ein paar Meter über die Mittellinie zu schaffen, fragt sich, wie sie gegen diese Bayern auch nur ein einziges Tor erzielen können.

Dass Ribéry definitiv im Rückspiel fehlen wird, über das genaue Strafmaß und damit über sein Mittun im etwaigen Finale entscheidet die Uefa erst in einer Sitzung nach dem Halbfinale, das schreckt nach dieser zweiten Halbzeit in München niemanden mehr wirklich. Schweinsteiger glänzte auch ohne ihn, Timoschtschuk spielte sein bisher bestes Spiel für die Münchner, Demichelis und van Buyten zeigten, dass sie doch mehr sind als eine instabile Innenverteidigung, Lahm spielt sich langsam in WM-Form, van Bommel wird wieder dabei sein, Müller voller Fleiß agieren. Und dann gibt es ja noch diesen Torschützen, Sie wissen schon. Es wispert in München, psst, Triple.

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