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Am Boden. Bayerns Offensivkünstler Mario Mandzukic ist sich für die Abwehrarbeit nicht zu schade.

© dpa

FC Bayern München vor dem Rückspiel gegen Juventus: Mario Mandzukic - der stürmende Dieb

Die Bayern sind auch deshalb so erfolgreich, weil Torjäger Mario Mandzukic ihnen als erster Verteidiger dient. Heute Abend will der Rekordmeister gegen Turin ins Halbfinale der Champions League einziehen.

Es kann gut sein, dass sich Andrea Pirlo dieses Mal häufiger umdreht, um zu sehen, was in seinem Rücken passiert oder wer da gerade heranprescht. Der italienische Mittelfeldregisseur von Juventus Turin hatte in der vergangenen Woche einige unangenehme Begegnungen mit bissigen Spielern des FC Bayern, und vor dem heutigen Rückspiel im Champions-League-Viertelfinale (20.45 Uhr, live im Ticker bei Tagesspiegel.de) wird er sich an eine ganz besonders ungern erinnern – an die mit Mario Mandzukic. Der Münchner Angreifer hatte sich erdreistet, dem verdutzten Ballstreichler Pirlo ein paar Meter jenseits der Mittellinie von hinten in die Parade zu fahren und den Ball zu klauen, auf ganz regelkonforme Art und Weise.

Eigentlich ist Mandzukic beim FC Bayern zuständig fürs Toreschießen, 18 Pflichtspiel-Treffer gelangen ihm bislang in dieser Saison. Das ist nicht schlecht, aber keine überragende Quote. Mario Gomez hatte in der vergangenen Saison zu diesem Zeitpunkt schon doppelt so oft getroffen. Aber der Job eines Stürmers umfasst im modernen Fußball eben mehr, als nur zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu stehen und auf die Flanken oder Pässe der Mitspieler zu lauern. Ein Stürmer ist längst erster Verteidiger, und Mandzukic perfektioniert beim FC Bayern derzeit das Pressing in vorderster Linie. Er sei eigentlich ein ganz freundlicher Mensch, sagt er „aber auf dem Fußballplatz bin ich ganz anders“. Dort pflegt er eine intensive Art, Fußball zu spielen, die so bisher von Angreifern nicht zu sehen war. Für Trainer Jupp Heynckes steht er deshalb „federführend für die kämpferische Note der gesamten Mannschaft“.

Der Kroate verteidigt nicht nur in seinem Refugium, der gegnerischen Hälfte. Ihm ist auch kein Weg zu weit, um auf der anderen Seite des Spielfeldes bei der Balleroberung zu helfen. Das Lob von Daniel van Buyten im Überschwang des 2:0-Hinspielsieges klang wie eine Liebeserklärung. „Wenn ich sehe, wie Mario 20 Meter vor uns grätscht, würde ich am liebsten zu ihm laufen und ihm einen Kuss geben“, sagte der Innenverteidiger. Die Spielweise von Mandzukic, seine Laufbereitschaft, seine Zweikampfbereitschaft sind auch am Mittwoch ein Schlüssel, um die nächste Hürde auf dem Weg zum angestrebten Finale in London zu nehmen.

Als Mandzukic im vergangenen Sommer zum FC Bayern kam, gab es nicht nur Beifall im Umfeld des Rekordmeisters. Er hatte eine glänzende Europameisterschaft für Kroatien gespielt, aber zuvor in Wolfsburg nur punktuell überzeugen können. Der technisch allenfalls solide 26-Jährige schien den allerhöchsten Ansprüchen nicht zu genügen. Er war vielleicht eine gute Ergänzung, so die allgemeine Meinung, aber keine große Verstärkung.

Auch Trainer Jupp Heynckes bezeichnete Mandzukic zunächst nur als Joker, Mario Gomez war zunächst gesetzt. Aber dann verletzte sich der erfolgreichste Bayern-Stürmer der beiden vorangegangenen Spielzeiten, und Mandzukic rutschte in der Hierarchie nach oben. Jetzt darf Gomez nur noch ran, wenn sich der Angreifer Nummer eins ausruhen muss, wie am vergangenen Samstag in Frankfurt. Niemand zweifelt mehr an Mandzukics Fähigkeiten. Dass sich die Bayern dennoch um Dortmunds Robert Lewandowski bemühen, ficht ihn nicht an. Wie es dem Konkurrenten Gomez geht, kann er hingegen nachfühlen. „Aber was soll ich machen? Soll ich sagen, ich will auf die Bank?“

Das Thema Konkurrenzkampf ist ihm unangenehm, überhaupt mag er nicht so gerne reden. „Ich bin langweilig“, sagte er im vergangenen Sommer. Tatsächlich hat er selten etwas zu sagen, auch nach dem Hinspiel verließ er kommentarlos die Münchner Arena. Vielleicht war er nach seinem immensen Laufpensum ja etwas außer Puste. Nur einmal, im vergangenen November, sorgte Mandzukic für Rummel am Rande des Fußballplatzes, weil er ein Tor mit einem Militärgruß gefeiert hatte. Eine Sympathiebekundung für gerade entlassene Generäle fanden die einen, Mandzukic selbst dementierte und behauptete, ganz unpolitisch zu sein.

Auf seiner Homepage ist unter den vielen Fotos auch eines, das ihn als Gladiator zeigt. Nicht zufällig hat er dieses Motiv gewählt, denn ein Fußballstadion, so sagt Mandzukic, „ist eine Kampfarena, in der ich für die Mannschaft kämpfe und immer siegen will“.

Andrea Pirlo sollte auf der Hut sein.

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