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FC Bayern: Saisonvorbereitung: Entspannt Euch!

Telefon aus, Display an - und Energie kommt vom Buddha. Beim neuen Training der Bayern setzt Jürgen Klinsmann das Leistungszentrum des Vereins in München.

Mit Schrecken denkt der Trainer Jürgen Klinsmann an die Saisonvorbereitung zurück, die der Spieler Jürgen Klinsmann unter Giovanni Trapattoni absolvieren musste: „Bei Trap waren wir zweieinhalb Wochen im Trainingslager in Italien, nach zehn Tagen ist man da gegen die Wand gelaufen.“

Nun, da er selbst bestimmen darf, zieht Klinsmann die Saisonvorbereitung des FC Bayern komplett in München durch. Wo hätte er auch hinfahren sollen? Glaubt man seinen Worten, wäre alles andere ein Abstieg gewesen. „Die Voraussetzungen, die wir hier haben, sind einzigartig. Das Leistungszentrum ist ein Schmuckstück, das Herzstück des Vereins.“

Für mehrere Millionen Euro hat der FC Bayern in den vergangenen Wochen den Mannschaftstrakt an der Säbener Straße umgebaut und erweitert. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sagt: „Für das Geld hätten wir auch einen Transfer realisieren können.“ Wände wurden herausgerissen, die alte Einrichtung vollständig entsorgt. Projektleiter war Jürgen Meißner – der Mann, der vor gut zwei Jahren auch aus dem ehrwürdigen Schlosshotel Grunewald eine Wohlfühloase für Klinsmanns Nationalelf gemacht hatte.

Dort, wo früher die rollenden Blechberge der Profis dicht auf dicht geparkt waren, ist heute eine Holzterrasse, die die Spieler auf dem Weg zum Trainingsplatz überqueren. Auf dem früher ungenutzten Dach ist eine weitere Terrasse mit großzügigem Sonnensegel und Grill entstanden. Die weißen Buddhafiguren dort oben sollen laut Klinsmann „Energieflüsse“ bewirken. Ob er das ernst meint, ließ er offen. Die Vermutung lautet: ja. Klinsmann hatte ja schon aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft eine Art Glaubensgemeinschaft gemacht. Da passt ein bisschen fernöstliche Religions-Folklore auch heute gut ins Bild.

Das Innere des Gebäudes steckt voll mit High-Tech. In dem markanten Dachbogen ist das so genannte Auditorium untergebracht. Der gelernte Bäcker Klinsmann, der einst darunter litt, nicht studiert zu haben, und dieses Manko kompensiert, indem er eine Sprache nach der anderen lernt, spricht gern vom „Hörsaal“. Hinter der Leinwand stecken fünf Kabinen für Simultan-Dolmetscher. In diesen Raum sollen auch Gastredner eingeladen werden. Klinsmanns Mitarbeiterstab arbeitet in einem Großraumbüro. Und natürlich hat sich auch das Reich der Spieler, die Kabine, grundsätzlich verändert. Die augenscheinlichste Neuerung sind die kleinen Monitore, die an jedem Spind angebracht sind. Auf jedem Bildschirm leuchtet das individuelle Tagesprogramm der Spieler auf. Klinsmann sagt, er sei in der vergangenen Zeit viel gereist und habe sich unter anderem von Phil Jackson, einem Trainer aus der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA, inspirieren lassen. Mit einem Blick auf das Display sollen künftig die Acht-Stunden-Arbeitstage der Profis um 9.30 Uhr beginnen. Es ist ein Pensum, das erst einmal nur für die Vorbereitungszeit gilt. „Wenn wir in der Saison alle drei, vier Tage spielen, wird der Tag wesentlich kürzer“, betont Klinsmann.

Mit Arbeitsbeginn müssen sich die Spieler künftig auch von ihrem Handy verabschieden. Klinsmann will in seinem Leistungszentrum die ewige Telefoniererei massiv eindämmen. „Die Spieler sollen sich schon einmal gedanklich mit dem Training beschäftigen“, erzählt Klinsmann. „Bevor die Spieler dann gegen 11.30 Uhr auf den Platz kommen, haben sie schon eine halbe Stunde im Kraftraum gearbeitet.“ Nach dem Training folgen die so genannte „Cool-Down-Phase“ und Mittagessen mit Betreuerstab und Vorstand. „Und wenn Luca Toni noch einen Espresso haben will, kann er den gern haben“, sagt Klinsmann.

Die anschließende Mittagszeit zwischen 13.15 und 14 Uhr nimmt eine besondere Bedeutung ein. Weniger wegen der lästigen Medienarbeit, die in dieser Zeit erledigt wird. In diesem Zeitraum soll vor allem die „Persönlichkeitsentwicklung“ vorangetrieben werden. „Wir wollen herausfinden, wer wo seine Interessen hat. Wenn einer Yoga machen will, bauen wir das gern ein. Das heißt nicht, dass dann die ganze Mannschaft Yoga machen muss“, sagt Klinsmann. „Es kommt eine neue Generation von Spielern nach, die darauf wartet, inspiriert zu werden, stimuliert zu werden.“ Wer will, kann etwa eine Sprache lernen. Manche müssen. Luca Toni und Franck Ribéry können sich auf ein Ende des Laissez-faire einstellen. Die beiden erzählten in der vergangenen Saison, wie viel Spaß sie beim Sprachkurs hätten, aber dass nicht viel herumkomme. An öffentliche Aussagen auf Deutsch ist bei beiden nach einem Jahr noch nicht zu denken. Das soll sich schnell ändern.

Nach einem Päuschen am Nachmittag, gern auch mit Espresso, steht eine zweite Trainingseinheit an, bevor Klinsmann die Spieler gegen 17.30 Uhr in die Freizeit entlässt. „Familie ist sehr wichtig. Ich denke, dass durch diese Konstellation viel Energie freigesetzt wird“, sagt er. „Man sitzt nicht mehr abends im Hotel und überlegt, wie man die Zeit totschlagen kann.“

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