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Kleibrink Heidemann

© ddp

Fecht-Doppelerfolg: Glanz im Dunkeln

Benjamin Kleibrink schafft den ersten Olympiasieg der deutschen Fechter in Peking und ist der erste deutsche Florett-Olympiasieger überhaupt. Minuten später gewinnt Britta Heidemann mit dem Degen Gold. Imke Duplitzer und Peter Joppich gehen leer aus.

Auch wenn Imke Duplitzer ausgeschieden war, nutzlos blieb sie deshalb keineswegs für das deutsche Fechtteam. Die großgewachsene Florettfechterin stand im weißen Trainingsanzug unter den deutschen Fans und brüllte sich die Seele aus dem Leib. Im Dunkel der Halle war sie zwar nicht zu sehen, dafür umso besser zu hören. „Benny komm", schrie sie zunächst unaufhörlich aus der linken Ecke. Eine knappe halbe Stunde drang ihre laute Stimme von der rechten Seite:  „Britta, auf geht’s“. Am Ende des Tages konnte sich Imke Duplitzer auch noch eines persönlichen Erfolges erfreuen, wenn auch nur eines kleinen: Sie hatte Benjamin Kleibrink und Britta Heidemann jeweils zum Olympiasieg gebrüllt.

Eindrucksvoll hatten die beiden deutschen Fechter ihre zwei Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen geholt. Der Florettfechter Benjamin Kleibrink hüpfte als Erster jubelnd durch die Halle, er hatte im Finale den Japaner Ota Yuki dominiert und souverän 15:9 gewonnen. „Es war bombig“, sagte der 23 Jahre alte Student, „ich habe die Gegner echt weggefegt“. Ähnlich souverän schlug sich auch Britta Heidemann. Sie besiegte im Finale die Rumänin Ana Maria Branza 15:11. „Unglaublich, das muss ich erstmal begreifen“, sagte die Degenfechterin, „normalerweise muss ich immer ins Sudden Death, aber das hätte ich heute nicht durchgestanden.“ So nervös war sie vor ihren Duellen, in die sie als amtierende Weltmeisterin auch als Favoritin gegangen ist. Am Schlimmsten sei es im Halbfinale gegen die Chinesin Li Na gewesen, das sie 15:13 gewonnen hat. „Da wäre ich fast umgekippt“, sagte Britta Heidemann, „da habe ich beschlossen, das Finale konzentrierter anzugehen.“

Die beiden neuen Fecht-Olympiasieger wohnen in Köln nur drei Kilometer auseinander und kennen sich gut. „Der Benny ist ein Frechdachs“, sagte Britta Heidemann. Nach ihren Gefechten hatten sie sich gegenseitig abgeklatscht. „Mich pusht es, wenn wir mit dem Herren-Florett am selben Tag kämpfen, das sind super Jungs“, sagte die neue Olympiasiegerin.
 
Peter Joppich und Imke Duplitzer enttäuschen

Enttäuschend hingegen war der Tag für den Favoriten Peter Joppich verlaufen. Der amtierende Florettweltmeister schied bereits im Viertelfinale gegen den Japaner Ota Yuki mit 12:15 aus, den Kleibrink später im Finale besiegen sollte. „Ich bin total enttäuscht, ich habe die letzten drei Jahre auf diesen Tag hingearbeitet“, sagte Joppich. Benjamin Kleibrink hingegen, der Bronze bei der letzten Einzel-Weltmeisterschaft gewonnen hatte, machte es besser. „Ich bin mit der Position des Mitfavoriten, der von hinten dazustößt, ganz gut klar gekommen“, sagte der 1,74 Meter große Athlet. Seine Eltern waren erst gar nicht mit nach Peking gekommen, „das ist auch eine Geldfrage“, sagte er. Nach seinem letzten Treffer fiel er daher erst seinem Trainer Ulrich Schreck um den Hals, dann kletterte er über eine Absperrung und umarmte den ersten Fan der Mannschaft, Imke Duplitzer.

Deren Peking-Abenteuer hatte unerwartet im Viertelfinale ein Ende gefunden beim 11:15 gegen die Ungarin Ildiko Mincza-Nebald. Vor ihrem Wettkampf hatte sich die Frage gestellt, ob sie bei einer eventuellen Siegerpressekonferenz ihre chinakritischen Ansichten erneuern würde. Nach ihrem Kampf spielte das keine Rolle mehr. Nach dem Ausscheiden benötigte sie rund eineinhalb Stunden, um die Niederlage zu verkraften. „Ich bin heute schwer in den Tag reingekommen, ich habe mich gequält“, sagte Imke Duplitzer, „manchmal ist man wie vernagelt.“ Eine eventuelle Ablenkung durch ihre Pressertermine, in denen sie ihre Chinakritik im Vorfeld der Spiele geäußert hatte, sei kein Grund für ihre schwache Leistung. „Ich bin intelligent genug, um Sport und meine Privatperson trennen zu können“, sagte sie, „heute war ich Athlet.“

Auch Britta Heidemann hatte vor den Olympischen Spielen im Zentrum des Medieninteresses gestanden. Als Studentin der chinesischen Regionalwissenschaften galt sie als Chinaexpertin. Gestern sagte sie: „Es gibt nichts Schöneres, als in Peking Olympiasieger zu werden.“ Die Unterstützung aus dem deutschen Fanblock war groß, einige chinesische Freunde schwenkten kleine deutsche Fähnchen. Ihr Bruder rannte nach dem letzten Treffer auf die Planche, umarmte sie und drückte ihr eine deutsche Fahne in die Hand.

Am eindrucksvollsten aber hatte sich  Benjamin Kleibrink geschlagen. „Ab dem Viertelfinale wusste ich, dass es heute klappen kann“, sagte er. Und nach dem gewonnenen Halbfinale empörte er sich sogar über eine Reporterfrage. Ob er unterschrieben hätte, wenn ihm einer vor den Olympischen Spielen eine Silbermedaille garantiert hätte. „Nein“, hatte Kleibrink geantwortet, „ich will doch Gold.“

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