zum Hauptinhalt

Sport: Fehler, Fehler, Fehler

Im Formel-1-Titelkampf scheint Michael Schumacher dem selbst auferlegten Druck nicht mehr gewachsen

Michael Schumacher schluckte kurz, bevor er sich zu einer ebenso umständlichen wie schonungslosen Selbstanalyse durchrang. „Wenn man es so sehen will, dann kann man natürlich sagen, dass jeder meiner Fehler an diesem Wochenende daran schuld gewesen sein kann, dass ich hinter Fernando Alonso ins Ziel gekommen bin“, gestand der Formel-1-Rekordweltmeister nach dem Großen Preis der Türkei, den er hinter seinem Ferrari-Teamkollegen Felipe Massa und seinem WM-Rivalen Alonso nur auf Rang drei beendet hatte. Denn ohne die beiden Fahrfehler in der Qualifikation wäre Schumacher wohl von der Poleposition gestartet, unter normalen Umständen in Führung gegangen und hätte die unglückliche Tanksituation in der Safetycar-Phase jener verhängnisvollen 14. Runde locker umschifft und wäre nicht hinter Alonso zurückgefallen. Und ohne den dritten Fehler, als er bei der Jagd nach dem Spanier von der Strecke abkam, wäre er trotz allem vermutlich trotzdem vor dem Renault ins Ziel gekommen. So aber ist der Schumachers Rückstand in der WM auf zwölf Punkte angewachsen. In den letzten vier Saisonrennen kann der Kerpener nicht mehr aus eigener Kraft Weltmeister werden und muss auf Fehler von Alonso hoffen. In Istanbul tat ihm der Renault-Pilot diesen Gefallen nicht.

Michael Schumacher hingegen bestätigte in jüngster Zeit ein Vorurteil, dem seine Gegner gern Ausdruck verleihen: dass er dazu neige, unter Druck Fehler zu machen. Schon beim vergangenen Rennen in Ungarn vergab er wegen unnötiger Patzer eine günstige Gelegenheit. „Vielleicht ist er der Gefangene seines eigenen Geheimnisses geworden“, vermutet „La Gazzetta dello Sport“. „In seinem Inneren akzeptiert er seinen Rücktritt nicht, den er in zwei Wochen verkünden wird.“ Tatsächlich gehen einige Experten davon aus, dass sich der 37-Jährige im Geiste schon von der Fahrerei verabschiedet hat und genau das der Grund für die hohe Fehlerquote ist. „Er ist so verkrampft, weil er ganz genau weiß, dass das seine letzte Chance auf einen WM-Titel ist“, sagt der frühere Grand-Prix-Pilot und jetzige Fernsehkommentator Marc Surer. „Und den will er, extrem ehrgeizig wie er nun mal ist, einfach um jeden Preis noch mitnehmen.“

Fragen musste sich nach dem Rennen in Istanbul aber auch Ferraris Rennleiter Jean Todt gefallen lassen. Hatte die legendäre Teamstrategie unter Führung von Ross Brawn diesmal versagt, weil man in der Safetycar-Phase nicht den führenden Felipe Massa einfach eine Runde länger auf der Strecke ließ, anstatt den WM-Kandidaten Schumacher hinter ihm beim Boxenstopp warten zu lassen? „Hätten wir so gehandelt, dann hätten wir hier jetzt fünfmal mehr Journalisten, die danach fragen würden, warum wir das getan haben“, antwortete der Franzose gereizt.

Wahrscheinlich hatte Ferrari diese Option ohnehin nicht zur Verfügung – genauso wenig wie einen taktischen Platztausch durch einen geschickten Ausrutscher Massas vor dem Stopp, denn hinter dem Safetycar herrscht generelles Überholverbot. Da Massa in dieser 14. Runde sowieso planmäßig an die Box hätte kommen müssen, hätte sein Sprit für einen weiteren Umlauf wohl nicht gereicht. Einen Totalausfall des Brasilianers konnte Ferrari aber aus zwei Gründen nicht riskieren. Erstens kämpft der Rennstall auch noch um den Konstrukteurstitel. Und zweitens hätte sich Jean Todt dann die Vorwürfe anhören müssen, wieder einmal Massas Chancen zugunsten von Schumacher geopfert zu haben. Todt: „Das konnten wir Felipe nicht antun.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false