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Massa

© AFP

Felipe Massa: Der kleine Riese

Felipe Massa wurde jahrelang unterschätzt - jetzt führt er die Formel-1-Wertung an.

Magny-Cours - Kaum fand sich Felipe Massa in der Formel 1 ganz oben wieder, wuchsen auch schon die Ansprüche. Nicht die eigenen, sondern vor allem die seiner brasilianischen Landsleute, die das ganze gleich historisch einzuordnen versuchten. Ob er sich denn nun in der Reihe seiner großen Vorgänger Emerson Fittipaldi, Nelson Piquet oder Ayrton Senna sehe, fragten sie den ersten brasilianischen WM-Führenden seit 15 Jahren. „Bis ich die erreiche, da fehlt mir noch unglaublich viel, im Vergleich zu ihnen bin ich noch so klein“, meinte Massa bescheiden – und deutete mit den Fingern eine Größe von etwa zwei Zentimetern an. Ein bisschen größer ist er mit seinen wohlwollend gemessenen 1,65 Metern aber schon – und mental gehört er inzwischen zu den Riesen der Formel 1. Das weiß er inzwischen auch selbst: „Ich glaube, dass ich inzwischen wirklich so weit bin, dass ich auch einen WM-Titel gewinnen kann.“

Genau dies hatte man dem Ferrari-Piloten bis zu seinem Sieg in Magny-Cours am Sonntag nie wirklich zugetraut. Als ausgesprochen schnell galt er zwar schon bei seinem Formel-1-Einstieg 2002 als Zwanzigjähriger bei Sauber. Aber eben auch als zu inkonstant, als zu fehleranfällig gerade unter Druck und vielleicht auch als nicht hart genug, um es in der Formel 1 bei allem Talent wirklich bis ganz an die Spitze zu schaffen. Als Ferrari ihn zum Teamkollegen von Michael Schumacher machte – als Nachfolger seines Landsmannes Rubends Barrichello –, schien auch er nicht mehr als ein besserer Wasserträger. Es hieß, er sei nur durch Familienbeziehungen zu dem Job gekommen. Schließlich ist Nicholas Todt, der Sohn des damaligen Ferrari-Sportdirektors Jean Todt, sein Manager.

Nach Schumachers Rücktritt stieg nicht etwa Massa zur Nummer eins auf, sondern setzte ihm Ferrari Kimi Räikkönen vor die Nase. Als der Finne auch prompt den WM-Titel für Ferrari gewann, Massa durch den Abgang von Todt gleichzeitig an politischem Rückhalt im Team zu verlieren schien und sich dann zu Saisonbeginn dicke Fehler in Australien und Malaysia leistete, schien seine Zeit bei Ferrari bereits abgelaufen – trotz bis Ende 2010 laufendem Vertrag.

Doch Massa bewies, dass man ihn damit unterschätzte. Der 27-Jährige schlug zurück und siegte in Bahrain und in der Türkei. Er überraschte dadurch, auf der von ihm nun wirklich nicht geliebten Strecke in Monaco schneller zu sein als sein favorisierter Teamkollege Räikkönen und leistete sich keine Fehler mehr. Stattdessen ist er jetzt da, wenn andere Aussetzer haben – wie in Frankreich, als Räikkönen der Auspuff brach. Dass er dafür etwas an seiner Einstellung und Herangehensweise an die Formel 1 geändert habe, streitet Felipe Massa ab: „Es gibt da keine grundsätzlichen Veränderungen – aber natürlich versuche ich, mich immer weiter zu verbessern und überall noch dazu zu lernen.“

Dass er sich in Sachen Einsatz und Arbeitseifer sehr viel von Michael Schumacher abgeschaut hat, betont er immer wieder – umgekehrt ist bekannt, dass auch der siebenmalige Weltmeister stets große Stücke auf ihn hielt und ihn höher einschätzte als viele seiner anderen Teamkollegen, denen er im Laufe seiner Karriere begegnete. Privat hat ihn die Hochzeit mit seiner vier Jahre älteren Dauerfreundin Raffaela Bassi im letzten November sicher noch stabiler gemacht: „Sie ist sehr wichtig für mich, sie gibt mir genauso Rückhalt wie meine Familie, rückt mir auch manchmal den Kopf ein bisschen gerade.“

Es sollte sich niemand mehr von Äußerlichkeiten täuschen lassen: Auch wenn Massa mit inzwischen 27 Jahren immer noch etwas kindlich wirkt: Die Räikkönens und Hamiltons dieser Welt müssen ab jetzt mit ihm rechnen. Karin Sturm

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