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Sport: FIFA: Blatters Welt

Gerhard Mayer-Vorfelder befand sich noch in der Luft, im Anflug aus Tokio, da spuckte das Fax im Büro des DFB-Präsidenten bereits 130 Seiten aus. Alles, was in den Tagen zuvor Böses über seinen alten Freund Joseph Blatter, Chef des Welt-Fußballverbandes Fifa, verfasst worden war, kam da an.

Gerhard Mayer-Vorfelder befand sich noch in der Luft, im Anflug aus Tokio, da spuckte das Fax im Büro des DFB-Präsidenten bereits 130 Seiten aus. Alles, was in den Tagen zuvor Böses über seinen alten Freund Joseph Blatter, Chef des Welt-Fußballverbandes Fifa, verfasst worden war, kam da an. Absender: die Zentrale des Europäischen Fußball-Verbandes Uefa, in der die schärfsten Kritiker Blatters sitzen. Ob Mayer-Vorfelder so etwas aufregt? Blatter, der sich in Anlehnung an den US-Präsidenten JFK gerne mit JSB kürzeln lässt, bekommt derzeit wenig Unterstützung von Mayer-Vorfelder. Schließlich sind die Vorwürfe gegen ihn pikant: Blatter soll afrikanischen Fifa-Mitgliedern eine Menge Geld für seine Wahl zum Präsidenten des Welt-Fußballs bezahlt haben. Blatter bestreitet das.

Übersteht der Fifa-Präsident die außerordentliche Sitzung des Welt-Fußballverbandes auf dem Züricher Sonnenberg? Ein einwöchiger Konvent, der von 13 der 24 Mitglieder einberufen wurde. Mittlerweile will das Fifa-Kabinett von seinem Chef nicht nur Klarheit über die Finanzpolitik des Milliarden-Unternehmens Fußball. Blatter sieht sich einem Misstrauensvotum gegenüber - und soll sich vor einem Untersuchungsausschuss rechtfertigen, ob und wie er sich vor vier Jahren in Paris die Stimmen einiger afrikanischer Länder erkauft habe.

Den Vorwurf vom "schmutzigen Spiel" hat seinerzeit der damalige DFB-Präsident Egidius Braun gegen Blatter erhoben. Und in der Nacht, in der der derzeitige Uefa-Chef Lennart Johansson mit 80:118 Stimmen gegen Blatter unterlegen war, entschuldigten sich viele Afrikaner beim Präsidenten des europäischen Verbandes. Nur - letzte Beweise fehlen bislang - und seltsamerweise hat kein Staatsanwalt aus Paris oder Zürich die Vorfälle der Nacht im Hotel Meridien aufgegriffen. Blatter selbst unternimmt keinerlei juristische Anstalten, um gegen die Gerüchte vorzugehen. Vielleicht weiß er, warum. Blatter kennt die Szene. Und ist er bislang nicht mit allen Anfeindungen fertig geworden?

Zuletzt beim Kongress in Buenos Aires. Da wollten ihn im Zusammenhang mit dem Bankrott der Fifa-Vermarktungsagentur ISL vor allem die Europäer, Asiaten und auch Teile der Afrikaner an den Pranger stellen. Am Ende aber gab es eine standing ovations für Blatter. Und die ihrem Landsmann gegenüber äußerst kritisch eingestellte "Neue Zürcher Zeitung" notierte, "wie ein Fifa-Kabinett von Kopfnickern, Wendehälsen und Egoisten perplex und stumm auf den Applaus des Fußvolks, der Delegierten von 205 Landesverbänden, reagierte und in die Arme des Großen Vorsitzenden überlief".

Ähnlich wird Blatter wohl auch diese Woche überstehen. Wieder ein paar Dellen in der Vita, aber ansonsten dürfte dem Schweizer nicht viel passieren. Die zwei Somalis, die beweisen wollen, dass Blatter die Stimmen des armen Landes gekauft habe, gelten nicht als die Erfinder der Ehrlichkeit. Wahrscheinlich gelingt es Blatter sogar, eine Argumentationskette herzustellen zwischen dem Leumund der Kronzeugen und jener Kampagne, die ihn noch vor der nächsten Wahl am Vorabend der Fußball-WM in Fernost diskreditieren soll. Wenn Joseph Blatter das schafft, bliebe alles beim alten in der kleinen Welt der Fußballfunktionäre.

Martin Hägele

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